Serie Im Märzen der Bauer ... Gurken aus dem Pelikansystem

Willich · Auf den landwirtschaftlichen Gemüseanbauflächen von Harald Vienhues steht alles im Zeichen der Ernte. Die Gurken und Tomaten bestimmen den Monat Juli.

 Ohne Chemie muss ein Bio-Landwirt auskommen. Daher ist bei der Schädlingsbekämpfung Handarbeit angesagt.

Ohne Chemie muss ein Bio-Landwirt auskommen. Daher ist bei der Schädlingsbekämpfung Handarbeit angesagt.

Foto: Norbert Prümen

„Robert und Leon, ihr könnt in den beiden linken Reihen anfangen“, gibt Björn Sievering seinen beiden Kollegen vor, während der Gärtner selber in den direkt daneben liegenden Reihen ins Grün eintaucht. Es sieht ein wenig wie in einem Dschungel aus, wobei in diesem Fall allerdings nur eine Pflanzenart wächst. Es handelt sich um Mini-Gurken namens Delta Star, die das komplette Foliengewächshaus ausfüllen.

 In den Gewächshäusern sieht es ein wenig wie im Dschungel aus.

In den Gewächshäusern sieht es ein wenig wie im Dschungel aus.

Foto: Norbert Prümen

Die Erntekisten vor sich auf einem Wägelchen herschiebend, geht es durch die Reihen. Nur das Knipsen der Erntescheren ist zu hören, während sich die drei Mitarbeiter des Bioland-Betriebes von Harald Vienhues entlang der hochgebundenen Pflanzen bewegen. Gurke für Gurke wandert in die Kisten, wobei krumme Exemplare ausgesondert werden, aber nicht, weil sie eine Krümmung angenommen haben, sondern weil sie von einem Schädling befallen sind. „Sie sind von einer Wanze angestochen worden, und aufgrund dessen verbiegen sie sich“, erklärt Sievering. Wanzen müssen per Hand eingesammelt werden. Der Einsatz von Chemie ist nicht möglich, schließlich ist ökologisches Gärtnern angesagt. „Meine Eltern setzten in ihrer Gärtnerei schon Ende der 60er-Jahre keine Spritzmittel mehr ein. Damals hatte allerdings noch keiner an Bio gedacht“, bemerkt Vienhues, der selber Anfang der 90er-Jahre in den elterlichen Betrieb am Kückesweg in Willich eintrat. Er widmete sich dem Gemüseanbau, wobei er direkt dem Bioland-Anbauverband beitrat und dessen Richtlinien umsetzte.

                                       Viel Liebe zum Detail ist bei der ökologischen Landwirtschaft notwendig.

Viel Liebe zum Detail ist bei der ökologischen Landwirtschaft notwendig.

Foto: Norbert Prümen

Auf inzwischen auf 1,5 Hektar Freilandfläche in Anrath und Willich, davon rund 1500 Quadratmeter unter Folientunnel, baut Vienhues Feingemüse und Kräuter an. Mit denen beliefert er seine eigenen Bio-Märkte in Willich, Kempen und Viersen.

Im Folientunnel ist die Arbeit derweil fortgeschritten. 100 bis 150 Kilogramm der Mini-Gurken werden aktuell jeden Tag geerntet. Montags können es sogar schon einmal 200 Kilogramm sein, da sonntags nicht gearbeitet wird. Neben dem Ernten müssen die Gurken im sogenannten Pelikansystem weiter gehängt werden. An mit Schaumstoff ausgepolsterten Klipsen hängt der Stamm der Pflanze an langen Haken, die oben wiederum an Querdrähten eingehängt sind. Die Pflanze an sich wird Stück für Stück weitergezogen, sodass ihr Stamm letztendlich rund elf Meter lang ist. Zudem gilt es, die Seitentriebe zu entfernen, und es darf pro Blattachse nur eine Frucht wachsen.

Während die Gurkenernte schon seit acht Wochen läuft, geht es bei den Tomaten gerade erst los. „Momentan sind es rund zehn Kilogramm pro Tag. Aber es werden jeden Tag mehr“, berichtet Sievering. In gleich zwei Foliengewächshäusern wachsen dabei die Tomaten, wobei es sich um die zwei Sorten Baylee und Sportivo handelt. Letztere ist ein wenig größer und steigt später in den Erntereigen ein. In Willich baut Vienhues außerdem noch Cocktailtomaten an.

Mit einem leisen Klacken ist draußen indes die Beregnungsanlage angesprungen und verteilt einen feinen Wassersprühfilm über die verschiedenen Salate, die Kräuter, den Spinat, die Rote Bete, den Sellerie und den Mangold sowie ein noch freies Feld. „Da kommt gleich der Grünkohl rein“, informiert Sievering. Hunderte von kleinen Presstöpfen mit zarten Grünkohlpflanzen warten in großen Kisten darauf, dass sie in die Erde kommen. Im Feld der Hokkaido-Kürbisse blüht es bereits kräftig in orangefarbenen Tönen. Hier ist heute durchharken angesagt, damit die unerwünschten Pflanzen nicht Überhand nehmen. Fünf Prozent der Anbaufläche ist mit Mulchfolie abgedeckt. Mehr ist in einem Bioland-Betrieb nicht erlaubt, da die Abdeckung als Bodenversieglung gilt. Den Mitarbeitern von Vienhues erleichtert sie allerdings die Arbeit. Wo die Folie liegt, müssen nicht per Hand die nicht gewollten Gewächse weggeschuffelt werden.

Inzwischen ist der Lieferwagen vorgefahren. Die geernteten Gurken, Tomaten, Salate und Kräuter wandern in ihren Kisten auf die Ladefläche. Frisch vom Feld geht es zu den hauseigenen Bio-Läden. Auf der Anbaufläche ist Frühstückspause angesagt. Immerhin ist die Mannschaft schon seit 6.30 Uhr bei der Arbeit. Am Tisch unter dem großen Sonnenschirm werden Butterbrotdosen und Thermoskannen ausgepackt. Annika, Pippilotta und Tommy, die drei Feldkatzen, statten dem Gärtner und seinen drei Helfern einen Besuch ab. Schließlich könnte es ein Leckerchen geben, das den Speisezettel, der ansonsten aus Mäusen besteht, etwas auflockert. Dann geht es weiter – der Grünkohl will in die Erde.

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