Stadt Willich "Asylbewerber sind froh, am Leben zu sein"

Stadt Willich · Derzeit beraten die im Willicher Stadtrat vertretenen Fraktionen über die geplante Notunterkunft. Dr. Michael Stoffels vom Flüchtlingsrat NRW appelliert an die Bürger, den Flüchtlingen einen Vertrauensvorschuss zu geben.

So viele Flüchtlinge mussten die Städte 2014 neu aufnehmen
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Foto: dpa, jst fdt

Noch ist zwar nichts entschieden, aber hinter vorgehaltener Hand sagen viele, dass aus dem ehemaligen Katharinen-Hospital mitten in Willich höchstwahrscheinlich noch vor dem Winter eine Notunterkunft für mehr als 200 Asylbewerber wird. Da dort rechtlich bisher lediglich eine Nutzung als Krankenhaus möglich ist, müsste der Stadtrat vorher eine Nutzungsplanäderung beschließen - doch letztlich könnte die Bezirksregierung Arnsberg, die in NRW für Flüchtlinge zuständig ist, eine Nutzung als Asylbewerberunterkunft erzwingen.

Laut Bürgermeister Josef Heyes beraten die vier Fraktionen mit ihren Mitgliedern bis kommenden Dienstag, wie sie zu dem Thema stehen. Danach soll es dann ein Obleutegespräch geben, es folgen am Mittwoch entsprechende Verhandlungen mit der Bezirksregierung. Bis dahin wolle sich die Bezirksregierung auch mit den Alternativstandorten für ein Flüchtlingsheim befassen, die die Stadt Willich ins Spiel gebracht hatte. Laut Heyes liegen diese allesamt außerhalb Willichs, am linken Niederrhein, aber auch rechtsrheinisch. Doch Heyes weiß um den Zeitdruck der Bezirksregierung, da sie schnell 2000 Flüchtlinge unterbringen muss. "Und das Katharinen-Hospital ist sozusagen ,schlüsselfertig'. Die Alternativstandorte müssten laut Bezirksregierung erst noch hergerichtet werden", so Heyes im Gespräch mit der RP.

Der Bürgermeister bekommt seit einigen Tagen viele Briefe zu dem Thema, in denen die Bürger ihren Unmut über den Standort mitten im Zentrum Willichs äußern. Die RP erreichen unterdessen teilweise deutlich fremdenfeindliche und von Vorurteilen geprägte Zuschriften. Dr. Michael Stoffels aus Kempen, ehemaliges Vorstandsmitglied im Flüchtlingsrat NRW, sind solche Vorbehalte nicht fremd, er appelliert jedoch, den Flüchtlingen offen und mit einem Vertrauensvorschuss zu begegnen: "Es ist ja nicht so, als ob eine Horde Gewalttäter und Krimineller einfallen würde. Das sind normale Menschen, die nicht schlechter oder besser sind als wir. Menschen, die aus ihrem Leben gerissen wurden, desorientiert oder traumatisiert sind, froh, überhaupt am Leben zu sein. Menschen aus der Mittelschicht, teilweise durchaus gebildet, nicht aus irgendwelchen Löchern."

Zudem zeigten Statistiken, dass die Kriminalitätsrate bei Asylbewerbern nicht höher, sondern eher niedriger sei als im Allgemeinen. Und wenn sie gegen deutsches Recht verstießen, beziehe sich dies häufig auf ausländerrechtliche Vorgaben, denen andere nicht unterliegen. "Warum sollten Ausländer per se krimineller sein?", fragt Stoffels.

Initiativen von Bürgern, die sich um die Flüchtlinge kümmern möchten, sind laut Stoffels zwar begrüßenswert, im Falle des geplanten Asylbewerberheims in Willich aber schwierig, da es sich dabei um eine Notunterkunft das Landes NRW handele, in der die Menschen nur wenige Tage bleiben und in der sie mit allem versorgt werden, was sie brauchen. Dort würden sie über das Asylverfahren informiert und über das Alltagsleben in Deutschland, das sie erwartet. Eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen, sei aufgrund der Kürze der Aufenthaltsdauer schwierig. "Die Flüchtlinge werden dort untergebracht, bis entschieden ist, in welchen Kommunen sie dauerhaft untergebracht werden", erklärt Stoffels. Die Zuweisung erfolge nach dem Königsberger Schlüssel, der etwa Einwohnerzahlen und räumliche Voraussetzungen berücksichtige. Stoffels hofft allerdings, dass die Notunterkunft den Anstoß gibt, sich der Flüchtlingsproblematik insgesamt bewusster zu werden - und sich mehr um die Asylbewerber zu kümmern, die dauerhaft in Willich leben.

(RP)
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