Bürgermonitor Die Kosten sind explodiert

Anrath/Neersen · Seit einem Jahr schwelt ein Streit zwischen den Anwohnern des Grünen Wegs in Anrath und dem Wasser- und Bodenverband.

 Markus und Stefanie Gather (hinten) und ihre Nachbarn gehen gegen den Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers vor. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt.

Markus und Stefanie Gather (hinten) und ihre Nachbarn gehen gegen den Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers vor. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt.

Foto: Wolfgang Kaiser

Ein Graben, der kein Wasser führt, hat zu Streit zwischen den Anwohnern am Grünen Weg in Anrath und dem Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers geführt. Ende vergangenen Jahres erhielten die Bürger, die entlang des Grabens wohnen, vom Verband ein Schreiben. Das informierte sie darüber, dass künftig eine Gebühr für das Fließgewässer zu entrichten sei, da es sich bei den Anwohnern um „Erschwerer“ handele, weil durch die Nähe ihrer Grundstücke zu dem Graben nicht mit schwerem Gerät gearbeitet werden kann. Eine Gruppe von 15 betroffenen Anwohnern legte Einspruch ein. Es folgten Klagen gegen den Gebührenbescheid von 2016, die derzeit noch laufen. Wobei mit einem Urteil im ersten Halbjahr des kommenden Jahres gerechnet wird.

Was die Anwohner als empörend empfinden, ist die Vorgehensweise des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers: „Sie versuchen, uns in Briefen einzuschüchtern. Gerade die älteren Nachbarn haben durch die Anschreiben, in denen unter anderem Gerichtsvollzieher angekündigt werden, Angst bekommen und bezahlt“, beschreibt Anja Odenkirchen die aktuelle Situation. Dabei wolle man durch die Klage doch nur wissen, ob die Gebühren rechtens sind oder nicht, fügt sie an. Sind sie rechtens, seien alle gewillt zu zahlen. Aber genau dies soll per Gericht geprüft werden und nicht auf einer Aussage des Verbandes basieren. Markus Gather spricht von einer Atmosphäre der Angst, die erzeugt worden sei.

Inzwischen sind die Gebührenbescheide für das Jahr 2017 bei den Anwohnern eingetroffen, und die ließen die Betroffenen staunen: Die neue Gebühr hat sich um mehr als das Dreifache erhöht. Gather sieht damit seine Vermutungen bestätigt: Nach einem anfänglich harmlos erscheinenden kleinen Betrag ist dieser nun exorbitant gestiegen. Lagen seine Kosten für das Jahr 2016 noch bei 7,99 Euro, sind es jetzt 25,11 Euro. Was die Gebühren betrifft, führt Dr. Dagmar Spona, Bereichsleiterin der Verwaltung des Verbandes, an, dass es sich 2016 um geschätzte Gebühren gehandelt habe, die zugunsten der Mitglieder sehr niedrig ausgefallen seien. Das habe sich nun geändert. Der Wasser- und Bodenverband der Mittleren Niers spricht von Kosten, die nun „deutlich näher an den tatsächlichen Verhältnissen ausgerichtet werden müssen“. Ein entsprechendes Gerichtsurteil zwinge ihn dazu. Der Verband führt Reparaturkosten für eingesetzte Geräte an und betont, dass diese nicht allein über die Abschreibekosten ermittelt würden.

„Zudem gewinnt man in dem Schreiben, das als roter Zettel mit dem Hinweis ,Wichtig!!! Bitte lesen’ markiert ist, den Eindruck, wir, die sich gegen die Forderungen des Verbandes wehren, seien schuld an den erhöhten Kosten“, empört sich Gather. Das ist allerdings keine Vermutung, wie Spona bestätigt. Der Verwaltungskostenanteil kletterte laut ihren Aussagen drastisch in die Höhe, weil der Verband aufgrund der Anfragen seiner Zwangsmitglieder und der Beschäftigung mit den Einsprüchen und Klagen erhebliche Mehrarbeit habe leisten müssen. So müssen die Betroffenen jetzt 12,13 Euro bezahlen. Im vergangenen Jahr war es noch ein Verwaltungskostenanteil von 6,30 Euro.

Laut dem roten Zettel, der dem Gebührenescheid beigefügt war, kann es zu weiteren Beitragssprüngen „sowohl nach oben als auch nach unten“ kommen. Auf den Internetseiten des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers heißt es: „Grundsätzlich sollten Sie den Bescheid prüfen und unabhängig davon, ob Sie zu dem Ergebnis kommen, dass er richtig ist, bezahlen. Andernfalls drohen Mahngebühren und Vollstreckungskosten. … Der Beitrag muss auch dann zunächst bezahlt werden, wenn der Bescheid unrichtig war …“

In Neersen waren die Anwohner am Niersplank von der gleichen Situation betroffen. Dort hat man nach einer ersten Runde Protest aber inzwischen aufgegeben. „Viele meiner Nachbarn haben gesagt, aufgrund eines solchen Kleckerbetrages lohne es sich, nicht dagegen anzugehen. Im Prinzip stand ich zum Schluss alleine da“, sagt Gaby Schommer. Die Anwohnerin zahlte ebenfalls, allerdings zähneknirschend und unter Vorbehalt.

Am Grünen Weg in Anrath indes wollen die neun Anwohner, die sich nicht haben einschüchtern lassen, auch gegen den Gebührenbescheid von 2017 klagen.

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