Anrath Corona: Schreibwaren Roggen schließt

Anrath · In Anrath machen sich die ersten Corona-Folgen bemerkbar: Das Schreibwarengeschäft Roggen schließt seine Türen. Oya und Arnold Zeies können das Geschäft nicht mehr halten. Roggen war knapp 110 Jahre lang ein dörflicher Treffpunkt.

 Arnold Zeies (links) kann das Geschäft, das er von Günter und Gisela Roggen gepachtet hat, nicht weiterführen.    Foto: Wolfgang Kaiser

Arnold Zeies (links) kann das Geschäft, das er von Günter und Gisela Roggen gepachtet hat, nicht weiterführen. Foto: Wolfgang Kaiser

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Das Entree der Anrather Fußgängerzone, direkt gegenüber der Kirche, wurde jahrzehntelang durch das Herrenmodegeschäft Commans und das Schreibwarengeschäft Roggen bestimmt. Commans gibt es schon nicht mehr, und auch Roggen schließt in Kürze. Die Pächter Oya und Arnold Zeies geben in Anbetracht der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Verordnungen auf.

„Es geht einfach nicht mehr. Normalerweise haben wir täglich 160 bis 200 Kunden im Ladenlokal. Bedingt durch die Auflagen, die Corona mit sich bringt, sind es aktuell 50 Kunden“, sagt Arnold Zeies. Vor dem Hintergrund, dass sich in dem kleinen heimeligen Ladenlokal immer nur zwei Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, ist der Kundenstrom entsprechend minimiert. Damit sinkt der Umsatz. „Viele Kunden benötigen ein intensives Beratungsgespräch, gerade bei Schreibwaren und Bastelartikeln. Sonst konnten andere Kunden mal eben in den Laden kommen, haben entweder gewartet oder schnell zielgerichtet eingekauft, bezahlt und sind wieder gegangen. Das alles ist jetzt nicht möglich. Ein Zustand, der noch anhalten wird und dem wir leider nicht mehr gewachsen sind“, sagt Oya Zeies.

Schon die zeitweilige Schließung wegen Corona stellte das Ehepaar vor eine Herausforderung. Zwar hätten die Betreiber, weil sie Presseartikel verkaufen, weiter öffnen dürfen, aber die Tatsache, dass beide aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe gehören, ließ den 72-Jährigen und die 62-Jährige die Entscheidung treffen, das Geschäft zu schließen. Beide gingen davon aus, dass nach einigen Wochen wieder ein Normalbetrieb möglich sein würde. Doch das war nicht der Fall. Statt im Juni auf ihr achtjähriges Bestehen zu blicken, läuft aktuell der Ausverkauf sämtlicher Artikel. Noch in diesem Monat schließen sie das Schreibwarengeschäft, das sie eigentlich bis zum Sommer 2021 weiterführen wollten und für das sie auch schon einen Nachfolger in petto hatten. Doch der mögliche Nachfolger hat aufgrund von Corona ebenfalls einen Rückzieher gemacht.

Damit geht nun eine Ära zu Ende. Roggen hat über die Jahrzehnte die Anrather und insbesondere deren Schulzeit begleitet. Roggen war knapp 110 Jahre lang ein dörflicher Mittelpunkt, wo nicht nur eingekauft wurde, sondern man sich auch zu einem Schwätzchen traf. Eine Kommunikationszentrale mitten im Dorf. Den Grundstein legte Robert Roggen, der Großvater von Günter Roggen, 1911 mit der Gründung einer Buch-, Papier- und Schreibwarenhandlung an der Bahnstraße 61. Nach dem Gründer trat dessen Tochter Käthe Roggen die Nachfolge an, wobei man zu diesem Zeitpunkt schon lange an der heutigen Adresse zu finden war. Als sie sich wiederum zur Ruhe setzen wollte, sprach sie ihren Neffen Günter Roggen an. Der lebte in Cuxhaven, wenn er nicht gerade in der ganzen Welt unterwegs war. Der gebürtige Anrather gehörte nämlich der Marine-Fliegerei an. „Ich war im Urlaub in Anrath, und meine Tante sprach mich an, ob das Schreibwarengeschäft nichts für mich wäre“, erinnert sich Günter Roggen.

 Es war keine einfache Entscheidung für den jungen Mann. Letztlich entschied er sich für seine Heimatstadt. Doch das bedeutete lernen. An der Bremer Wirtschaftsfachschule und an einer privaten Handelsschule in Krefeld absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung, um im Oktober 1972 das Werk seines Großvaters und seiner Tante mit seiner Frau Gisela fortzusetzen. Mit 65 Jahren zog Günter Roggen einen Schlussstrich. Er übergab 2005 sein Ladenlokal an seine langjährige Mitarbeiterin Gabriele Schwengers. Sie führte es in der althergebrachten Tradition weiter, bis ein Unfall sie zwang aufzuhören. Peter Keminer trat die Nachfolge an. Allerdings waren es nur zwei Jahre, dann übernahm das Ehepaar Zeies. Keine Fremden für die Anrather. Oya Zeies hatte schon unter Schwengers zum Team gehört.

„Wir waren mit Herzblut dabei. Meine Frau im Verkauf und ich im Hintergrund in Sachen Buchhaltung und Bestellung“, sagt Arnold Zeies. Tränen wegen der Schließung flossen schon auf Seiten der Betreiber wie auch der Kunden. Für Anrath bedeutet dies nun, dass ein weiteres Fachgeschäft seine Türen für immer schließt und Anrath um einen Treffpunkt mit Ambiente ärmer wird. Einen Nachfolger, der das Schreibwarengeschäft, das immer unter dem Namen Roggen firmierte, weiterführt, gibt es nicht.

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