Gemeinde Grefrath 1200 Polizisten auf der Suche nach Mirco

Gemeinde Grefrath · Es war Samstag, der 4. September 2010, als abends der Anruf kam. "Willy, ich brauche dich. Hier läuft etwas mächtig schief. Wir müssen massiv an die Öffentlichkeit gehen", sagte Ingo Thiel, Leiter der Mönchengladbacher Mordkommission. Mirco, ein Zehnjähriger aus Grefrath, wurde seit 24 Stunden vermisst, die Polizei fürchtete Schlimmes. Er war, wie sich später herausstellte, auf einem Feldweg bei der Heimfahrt mit dem Rad vom Skaterpark in Oedt, nur 500 Meter vom Elternhaus entfernt, angehalten und im Auto entführt worden.

Lebt das Kind noch, dessen Fahrrad am Sonntag gefunden worden ist? Wo kann Mirco sein? Wie finden wir den Täter, der vielleicht ein weiteres Kind entführen könnte? Das waren Fragen, die die Polizei sich stellte. Es begann eine bis dahin in Deutschland beispiellose Suchaktion. Bis zu 1200 Beamte der Bereitschaftpolizei suchten zwei Wochen lang nach Mirco. Journalisten durften sie "hautnah" begleiten, spektakuläre Fotos machen - das hatte es bislang noch nicht gegeben. Bedingung: Bevor sie etwas veröffentlichten, sollten sie mit der Polizei reden. Theveßen brachte den Fall so auf eine emotionale Ebene, um größtmöglichen Druck auf einen Täter auszuüben, ihn zu Fehlern zu zwingen: "Alle Menschen im Grefrather Umfeld sollten sich erinnern, uns helfen, Mirco zu finden und den möglichen Täter."

Nachbarn beteten für Mirco, Eltern sollten um ihre eigenen Kinder bangen. Flugzeuge der Bundeswehr wurden eingesetzt, Taucher durchsuchten Seen und Bäche. Eine Autofahrerin entdeckte seine Sporthose, weitere Kleidungsstücke tauchen auf, DNA-Spuren werden gesichert. Ein junger Mann, erinnert sich, am betreffenden Abend auf dem Feldweg einen Kombi gesehen zu haben, er sogar kann das genaue Modell nennen: "Ein Passat der Baureihe B6". 155.000 dieser Autos waren in Deutschland zugelassen. Die Öffentlichkeit musste helfen, den einen zu finden. Kinder notierten Kennzeichen, Busfahrer passten mit auf, die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" berichtete, Tausende Hinweise gingen bei der "Sonderkommission Mirco" ein.

Am 26. Januar 2011 wurde der 45-jährige Olaf H. aus Schwalmtal, Vater dreier Kinder und Angestellter im Außendienst, in seiner Wohnung verhaftet. Er führte die Polizei zu der Stelle bei Kerken, wo er Mirco missbraucht, erdrosselt und die nackte Leiche abgelegt hatte. Am 29. September 2011 verkündete das Krefelder Schwurgericht das Urteil: Weil die Kammer als erwiesen sah, dass er Mirco missbraucht und ermordet hat, muss er lebenslang in Haft.

An zwei Verhandlungstagen war Willy Theveßen als Zuhörer dabei. Was hat er empfunden? "Als Mensch war er mir total gleichgültig, einfach ein Nichts."

(oes)
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