Wesel Zum Geburtstag was Verrücktes

Wesel · Am Ehrentag bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen oder in die Kellerbar einzuladen: Das reicht vielen Geburtstagskindern nicht mehr. Im Trend liegen Motto-Partys und Auftritte von Künstlern. Zugleich bitten immer mehr Gastgeber um Geld für wohltätige Zwecke.

Mit vollem Körpereinsatz schmettern die "Drei Tenöre" ihre Songs zum Vollplayback. Bei "Dich gibt's nur einmal für mich" (Original von den Nilsen Brothers) überlisteten die Drei sogar, ganz im Stil eines Stehaufmännchens, die Schwerkraft – und regen die Geburtstagsgäste im schönen Ambiente des Diersfordter Restaurants Haus Constanze zu regelrechten Jubelarien an. "Das sind die Männer, die ich mir zum Geburtstag gewünscht habe, um Euch zu amüsieren", erklärt Margrit Bruns.

Die Weselerin hatte sich von ihren Gästen Geld gewünscht, um davon ihren ganz persönlichen Lieblings-Showact einzuladen. Weder Kosten noch Mühen wurden gescheut. Für ihre drei Auftrittsblöcke, die sie vor den knapp 50 Gästen präsentierten, war die Sechsergruppe aus dem 450 Kilometer entfernten Leinatal angereist – eine NRW-Premiere. "Die Buchungen solcher Showacts zu Geburtstagen nehmen zu", sagt Bernd Reifschneider, einer der drei Tenöre.

Aber warum eigentlich? Ein gutes Glas Wein, ein schönes Essen in gutem Ambiente und gepflegte Gespräche: Reicht das heute nicht mehr aus, um die eigene Party zu etwas Besonderem zu machen? Oder fehlen gar die Themen für eine interessante Konversation, hat man sich am Ende vielleicht gar nichts mehr zu sagen?

"Wir hätten auch so viel zu besprechen. Das ist das erste Mal, dass ich einen Showact engagiert habe. Ich wollte meine Gäste einfach überraschen", sagt Geburtstagskind Margrit Bruns. Ein neuer Trend zu kleinen und großen Showeinlagen? "Eher nicht", sagt Falk Baumeister, Chef einer Weseler Eventagentur. "Das Künstlerprogramm vor allem auf größeren Veranstaltungen wird weniger. Es wird immer mehr Wert auf Stil, Atmosphäre und gutes Essen gelegt", weiß er. Eine Motto-Party zum Geburtstag eines Dinslakener Pärchens im Stil von James Bond mit vielen Metern rotem Teppich ist da nur ein Beispiel. "Die Ideen werden immer verrückter und ausgefallener", berichtet Baumeister.

Die Kunden lassen sich ihre Feiern locker fünfstellige Beträge kosten. Und trotzdem ist man weg von einem abendfüllenden Showprogramm, das die guten Samstagabend-Shows aus dem Fernsehen in die Säle der Geburtstagskinder und zu Firmenfesten holte. "Heute heißt es: lieber Ambiente als Programm. Das hat auch mit dem Trend des sozialen Networking zu tun. Die Leute wollen sich austauschen", erklärt Baumeister.

Vielleicht macht es ja gerade die Mischung, denn der wohldosierte Showact, (insgesamt rund 30 Minuten) der auf Margrit Bruns Geburtstag für Highlights sorgte, kam bei den Gästen äußerst gut an. "Das war ein voller Erfolg", sagte die 75-Jährige, die mit ihrem Geburtstagswunsch indirekt auch ihren Gästen ein Geschenk machte.

Eine ganz andere Idee hatte Maria Kempkes zu ihrem runden Geburtstag, den die Inhaberin des Schepersfelder Leo's auch dort feierte. Zwar überraschte auch sie ihre Gäste mit einzelnen Showelementen. Anstatt sich etwas schenken zu lassen, beschenkte sie in diesem Jahr Menschen, denen es nicht so gut geht, wie ihr selbst. "Sonst kommen immer alle mit Geschenken. Da dachte ich, ich könnte etwas Gutes tun", sagt die 70-Jährige. So sammelte sie in einer von der Dingdener Akademie Klausenhof gefertigten Holzkiste kleine und große Geldscheine. 1000 Euro kamen zusammen.

Der Verein Weseler Tafel, der Lebensmittelspenden an Bedürftige verteilt, freute sich sehr über das Geld, das dem Projekt Schulfrühstück an der Feldmarker Holzwegschule zugutekommt. Maria Kempkes und Tafel-Vorsitzender Horst Maiß sind einig: "Die Aktion ist zur Nachahmung empfohlen." Wer weiß, vielleicht ist das ja der neue Trend?

(RP)
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