Schermbeck Zeugnis alten Handwerks für die Scheune

Schermbeck · Es ist auch die Geschichte von verblüffender Technik: Das Sägegatter der ehemaligen Stellmacherei Gilhaus steht bald am Museum Olle Schuer.

 Der HV-Vorsitzende Jürgen Höchst dankte dem Vermessungsingenieur Lothar Huld und der Vermessungstechnikerin Ines Isselhorst (v.l.) für die Vermessungsarbeiten am Sägegatter der Familie Gilhaus.

Der HV-Vorsitzende Jürgen Höchst dankte dem Vermessungsingenieur Lothar Huld und der Vermessungstechnikerin Ines Isselhorst (v.l.) für die Vermessungsarbeiten am Sägegatter der Familie Gilhaus.

Foto: Scheffler

Das Sägegatter der ehemaligen Gahlener Stellmacherei Gilhaus soll künftig auf dem Gelände des Museums "Olle Schuer" an der Bruchstraße ausgestellt werden. Um die bisherige Anordnung des Sägegatters am neuen Standort möglichst genau nachahmen zu können, wurde das Gatter jetzt exakt vermessen. Mit der Übergabe durch Angelika Gilhaus an den Gahlener Heimatverein geht ein 27 Jahre währendes Bemühen zu Ende, ein Zeugnis alten Handwerks für das Lippedorf zu bewahren.

Das Sägegatter erinnert fortan auch an einen alten Gahlener Handwerksbetrieb. Johann Gilhaus und seine Frau Elise (geb. Walbrodt) begannen im Jahre 1924 mit dem Aufbau einer Schreinerei. Deren Sohn, der 1909 geborene Johann Gilhaus, trat in die Fußstapfen des Vaters. Schon als Jugendlicher war er eng an den Betrieb gebunden. Da die Familie noch an ganz anderer Stelle wohnte, andererseits wertvolle Materialien in der Werkstatt vor Diebstahl gesichert werden mussten, hatte man für den jungen Mann ein Zimmer in der bis heute bestehenden Werkstatt eingerichtet, in dem er nachts schlief. Erst vier Jahre nach dem Bau der Stellmacherei wurde 1928 das Wohnhaus neben der Werkstatt errichtet.

Zur Werkstatt gehörte ein im Nebenraum stehendes Sägewerk. Mit einem mächtigen Sägegatter konnten Baumstämme in Bretter unterschiedlicher Stärke zerlegt werden. Das Horizontalgitter, das von der Leipziger Firma Kirchner hergestellt wurde, wurde ursprünglich über eine dampfgetriebene Lokomobile in Bewegung gesetzt, die in einem in den 1970er Jahren entfernten Anbau stand. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Lokomobile durch einen Elektromotor ersetzt. Per Handbetrieb oder durch eine automatische Steuerung konnte der Schlitten vorgeschoben werden, damit ein Baumstamm in Platten zerlegt werden konnte. Mit Staucherfett mussten die Gelenke und Lager regelmäßig geschmiert werden, damit sie nicht festlaufen konnten. Bis 1965 war das Sägewerk der Stellmacherei Gilhaus in Betrieb. Johann Gilhaus arbeitete noch bis Mitte der 1970er Jahre im Betrieb. Danach benutzte sein Sohn Joachim Gilhaus die Werkstatt als Hobbyraum.

Als am 28. Februar 1991 Reiner Endemann, Hans Höchst und Helmut Rademacher im Gemeindehaus an der Kirchstraße einen in den Jahren 1963 und 1964 entstandenen Gahlener Film zeigten, gehörte Joachim Gilhaus zu den Zuschauern und war sehr überrascht, als er im Film die Stellmacher-Werkstatt seines Vaters und Großvaters entdeckte. Im Gegenzug erfuhr der Heimatverein, dass die Werkstatt noch vorhanden war und dass Joachim Gilhaus wegen einer Übernahme dieser Werkstatt mit dem Freilichtmuseum für Handwerk und Technik in Hagen in Verbindung stand. Nach einer Besichtigung stand für die HV-Vorstandsmitglieder Gustav Ruloff, Hans Höchst und Helmut Rademacher fest: "Das wollen wir für Gahlen erhalten." Die Idee, die Werkstatt zu einem Museum werden zu lassen, fand der Architekt Joachim Gilhaus so gut, dass er Ende April 1991 bekanntgab, die Tür zur Werkstatt seiner Vorfahren sonntags zwischen 10 und 12 Uhr zu öffnen, um interessierten Gästen einen nahezu unveränderten Stellmacherbetrieb zu präsentieren. Die Bemühungen des Heimatvereins, in Gesprächen mit der Schermbecker Gemeindeverwaltung die Finanzierung des geplanten Museums zu klären, scheiterten. Erst nach dem Bezug des eigenen Museums "Olle Schuer" ab 2011 entstand die Idee, die Werkstatt und das Sägegatter zu übernehmen. Angelika Gilhaus stimmte zu - unter der Bedingung, dass die Übernahme spätestens im Jahre 2018 erfolgen müsse. Seit Sommer 2017 wurde die Werkstatteinrichtung zum neuen Ort gebracht.

Das Sägegatter passt nicht ins Museumsgebäude. Es soll daher ein separater Unterstand auf der bisherigen kleinen Wiese südwestlich des Museumsgebäudes errichtet werden. Im Frühjahr will ein ehrenamtlich arbeitender Trupp die Bauarbeiten beginnen, für die Dirk Nötzelmann die Statik bereits erstellt hat. Die Gesamtkosten schätzt der HV-Vorsitzende Jürgen Höchst auf 15.000 bis 20.000 Euro. In der vergangenen Woche haben der Gahlener Vermessungsingenieur Lothar Huld und die Dorstener Vermessungstechnikerin Ines Isselhorst die Vermessungsarbeiten durchgeführt. Um am neuen Standort die bisherigen räumlichen Verhältnisse genau darstellen zu können, mussten von etwa 300 Messpunkten die 3-D-Koordinaten mit Hilfe eines elektrooptischen Entfernungsmessers bestimmt werden. Auf der Basis dieser Punkte erstellt Lothar Huld eine CAD-Grafik, die dem Architekten Friedhelm Vengels für die Planungen am neuen Ort übergeben wird. Wenn keine Probleme auftreten, soll das Sägegatter beim Tennenfest am 29. Juli erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

(RP)
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