Wesel Zeinabs Wunden

Wesel · Es sind Bilder, die im Gedächtnis bleiben: Beim Arzt zeigt das junge Mädchen Arme und Beine vor. Die Haut ihres Körpers ist übersät mit Narben, Spuren einer schrecklichen Nacht, die Zeinab nur knapp überlebt hat.

 Zur Nachtwache hatten die Jusos aufgerufen.

Zur Nachtwache hatten die Jusos aufgerufen.

Foto: büttner

Die Spuren des Brandanschlages auf das Asylantenheim in Hünxe, dessen Opfer das libanesische Mädchen wurde . . . "Zeinabs Wunden" heißt der Film, den Esther Schapira ein Jahr nach dem Anschlag in Hünxe drehte und der nun über eine Leinwand auf dem Marktplatz der Gemeinde flimmert. Die Vorführung des Filmes ist Teil einer Gedenkveranstaltung, welche die Jungsozialisten (Jusos) im Kreis Wesel anlässlich des 20. Jahrestag des Brandanschlages organisiert haben. "Damals haben alle Parteien versagt — auch die SPD", sagt Simon Panke, Vorsitzender der Jusos im Kreis Wesel. Grund genug für die jungen Menschen, sich an diesem Tag zu engagieren und zwar auch politisch. "Die Gedenkveranstaltung ist nicht nur als Erinnerung gedacht", sagt Panke. "Wir wollen auch ein politisches Zeichen setzen."

 Erinnerungen mit vielen Gästen: Superintendent Martin Duscha (1. von links) und Bürgermeister Hermann Hansen (2. von links) erinnerten am Ort des Anschlages an das Geschehen im Oktober 1991.

Erinnerungen mit vielen Gästen: Superintendent Martin Duscha (1. von links) und Bürgermeister Hermann Hansen (2. von links) erinnerten am Ort des Anschlages an das Geschehen im Oktober 1991.

Foto: Angelika Barth

Ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Hass und gegen politisch motivierte Gewalt. Dabei heißt das Motto: aus der Vergangenheit lernen. Denn nicht nur den Film "Zeinabs Wunden" machen die Jusos der Öffentlichkeit zugänglich, sondern auch ältere Zeitungsartikel, die rund um den Anschlag veröffentlicht worden sind. Was man in Film und Artikeln sieht, ist teilweise unglaublich. Ältere Bewohner des Dorfes bezeichnen die Täter vor der Kamera als "ganz liebe, anständige Menschen". Die Mutter eines der jugendlichen Täter erzählt, wie ihr früherer Mann Nazi-Devotionalien sammelte und Führers Geburtstag feierte — für sie nur eine harmlose Marotte ihres Mannes.

Einige der 140 Zuschauer auf dem Marktplatz stöhnen laut auf, als sie das hören. Es ist eine Äußerung, die stellvertretend für eine Kultur des Wegsehens steht. Wegsehen wollen die Gäste der Jusos nicht, auch nicht, als Zeinab vor der Kamera ihre Brandwunden untersuchen lässt. Der Film endet und die Jusos ziehen zur Mahnwache vor dem Haus mit der Gedenktafel.

(RP)
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