Diskussion im Kreis Wesel Land soll Schäfern beim Schutz gegen Wölfe mehr helfen

Niederrhein · Der Umgang mit Wölfen in NRW steht auf dem Prüfstand: Während das Land ein Ausweiten des Weseler Gebiets, wo Förderungen greifen, auf Kleve ablehnt, werden grundsätzlich bessere Entschädigungen gefordert.

Wolf im Kreis Wesel: Land soll Schäfern mehr helfen
Foto: Pixabay

Die Nachricht hatte auch am Niederrhein schnell die Runde gemacht. Erstmals soll in Niedersachsen ein Wolf einen Menschen angegriffen haben. Ein Gemeindemitarbeiter war bei Arbeiten auf dem Friedhof in die Hand gebissen worden. Drei weitere Wölfe sollen den Vorfall beobachtet haben. Noch ist nicht bestätigt, dass es tatsächlich ein Wolf war, wie Sabine Schlemmer-Kaune, Sprecherin des Umweltministeriums in Hannover, auf Anfrage unserer Redaktion erläuterte. Der Hammer, mit dem der Mann die Tiere in die Flucht schlug, ist mit Fellproben und dem Pullover des Mannes per Kurier an das Senckenberg-Institut geschickt worden. Dort sollen die Experten prüfen, ob das DNA-Material verwertbar ist und es sich bei dem Tier um einen Wolf gehandelt hat. „Wenn der Mann von einem Wolf angegriffen wurde, ist das eine neue Qualität, so etwas hat es in Deutschland noch nicht gegeben“, so die Sprecherin. In Niedersachsen gibt es eine hohe Wolfsdichte mit 20 Rudeln. „Wenn es ein Angriff eines Wolfes auf einen Menschen war, ist es im Rahmen der Gefahrenabwehr notwendig, zu handeln. Das kann dann dazu führen, dass der Wolf getötet werden muss“, sagt Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies.

Die Wölfin am Niederrhein stammt aus einem Rudel in Niedersachsen. Für Nordrhein-Westfalen ist der Vorfall jedoch kein Anlass, etwas an der momentanen Strategie zu ändern. „Alle Dinge, die woanders passieren und für uns interessant sind, werden natürlich verfolgt. Aber konkret ist das eine Sache in Niedersachsen“, sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv). Wenn ein Wolf sich nicht richtig verhalte, etwa einen Menschen angreife, dann müsse er vergrämt (vertrieben) oder entnommen (getötet) werden.

Für Klartext spricht sich Peter Malzbender, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu), aus. Auch er sei für die Tötung eines solchermaßen auffälligen Tieres, will aber auch, dass es so deutlich und nicht als „Entnahme“ bezeichnet wird.

Der aktuelle Vorfall wird sicher eine Rolle spielen, wenn sich der Landtag am heutigen Freitag mit dem Thema Wolf beschäftigt. CDU und FDP haben eine Strategie zum Umgang mit dem Wolf gefordert. Klar ist bereits, dass es eine Ausweitung des Wolfsgebietes auf den gesamten Kreis Kleve nicht geben wird. Bislang liegt nur ein Teil von Rees in dem Bezirk, der vor allem das rechtsrheinische Gebiet des Kreises Wesel umfasst, aber auch bis ins Münsterland und ins Ruhrgebiet reicht. Das kritisieren Schafhalter, die den Klever Landrat um Unterstützung gebeten hatten. Der hatte daraufhin einen Brief ans Ministerium geschrieben und sich für eine Ausweitung eingesetzt. Vom Land gab es eine Absage. Es gebe keine Hinweise, dass die Wölfin aus Schermbeck den Rhein überquert habe. Linksrheinisch seien in NRW in diesem Jahr zwei Schafe von einem Wolf in Kerken gerissen worden (22. Februar). Zudem sei ein Schaf in Büderich angegriffen worden (7. September), dort sei aber nachweislich ein Hund verantwortlich gewesen. Alle diese Nachweise stünden jedoch nicht im Zusammenhang mit den mehrfachen, über mehrere Monate erzielten Nachweisen der Wölfin im Wolfsgebiet um Schermbeck.

Klever Schafhalter hatten in ihrer Begründung für die Ausweitung darauf verwiesen, dass man zwischen der Wölfin in Schermbeck und Artgenossen in den Niederlanden liege. Doch dies ist aus der Sicht des Umweltministeriums kein Argument, das Gebiet auszuweisen. Laut der publizierten Daten hätten sich in den Niederlanden in diesem Jahr bislang acht Wölfe aufgehalten. Von sechs Tieren gebe es keine aktuellen Nachweise mehr, ein Wolf wurde vom Auto überfahren, einer sei weitergezogen, von vier Tieren sei der Aufenthalt unbekannt. Zwei Tiere seien in diesem Jahr mehrfach festgestellt worden, eine Standorttreue werde von den niederländischen Kollegen allerdings bislang noch nicht angegeben.

Unterdessen wird im Kreis Wesel der Ruf nach mehr Unterstützung für Schafhalter lauter. Im Umweltausschuss bat Vorsitzender Udo Bovenkerk (CDU) am Mittwoch die Verwaltung, für den Kreistag eine Resolution an das Land vorzubereiten. Hintergrund ist erheblicher Mehraufwand beim Auf- und Abbau von Schutzzäunen. Auch Anschaffung und Unterhalt von speziellen Herdenschutzhunden bedeuten Kosten für die Branche, die sich über die Produktion von Wolle und Fleisch nicht finanzieren kann. Vielmehr seien die Leistungen der Schäfer für die Landschaftspflege höher zu gewichten, hieß es im Ausschuss, in dem Fachbereichsleiter Matthias Kaiser vom Lanuv und Wiebke Mohrmann, Schafberaterin der Landwirtschaftskammer NRW, zur Lage berichteten. Mit der Resolution soll die Entlohnung der zusätzlichen Arbeit für die Schäfer, die Erstattung des Materials und eine erhöhte Prämie gefordert werden.

Dass Schäfer in anderen Bundesländern direkter, schneller und mit mehr Mitteln entschädigt werden, beklagt auch Malzbender. Helmut Czichy vom Verwaltungsvorstand des Kreises ist sicher, dass ein schneller, wirksamer Schutz für die Schafe auch dazu führt, dass Wölfe von ihnen ablassen und wieder mehr in den Wäldern auf Futtersuche gehen. Das werde die Lage auch in der Öffentlichkeit beruhigen.

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