Pro und Contra Soll der Wolf wieder am Niederrhein heimisch werden?

Wesel · Am Niederrhein wurde ein Wolf gesichtet. Das sorgt für Diskussionen. Schäfer sind in Sorge, auch manche Menschen fürchten sich. Unsere Autoren haben gegensätzliche Meinungen.

Denken Sie zurück an Ihre erste Erinnerung an einen Wolf. Es wird vermutlich ein Märchen sein.

Der Wolf und die sieben Geißlein oder Rotkäppchen - schon unsere Eltern haben uns vorgelesen, dass dieses Tier gemein ist. Am Ende starb es immer den verdienten Tod. Und in unsere Kinderseele hatte sich die Vorstellung vom bösen Wolf tief eingebrannt.

Aber bereits in unseren Kindertagen war der Wolf für die Menschen keine Bedrohung. Und er ist es auch heute nicht. Die Zahl der Tiere ist verschwindend gering. Dass die Sichtung eines Wolfes bei uns ein derartiges Echo auslöst, macht die Außergewöhnlichkeit des Ereignisses deutlich und nicht die erhöhte Risikolage.

Stellen wir also unser Kopfkino ab: Wir haben es nicht mit Wolfsrudeln zu tun, die durch unsere Wälder ziehen und in kalten Winternächten die Menschen mit ihrem Geheule erschrecken, sondern mit einzelnen Tieren, die es irgendwie alle paar Monate durch unser dicht besiedeltes NRW schaffen. Eine Bleibe werden sie hier wohl kaum suchen. Die Menschen sind viel zu nahe.

Sollte das für Sie kein Trost sein, stellen Sie sich vor, dass Sie beim Sonntagspaziergang im Wald plötzlich ganz anderen Tieren als einem Wolf gegenüberstehen können.

Am Niederrhein ist die Begegnung mit einem Wildschwein nämlich schon mal eher möglich. Die Tiere sind zwar ebenso scheu wie ein Wolf, aber sie können ungemütlich werden, wenn sie ihre Frischlinge dabei haben.

Übrigens: Wenn's im Wald nach Maggi riecht, sind Sie schon ziemlich nahe dran an einem Wildschwein. Haben Sie deswegen schon einmal die Flucht ergriffen?

Ober plädieren Sie dafür, dass der Fuchs ausgerottet werden sollte, weil der Fuchsbandwurm beim Menschen schwere Leberschäden verursachen kann? Oder sollte das Eichhörnchen verschwinden, weil der Nager, falls an Tollwut erkrankt, sich sogar auf Menschen stürzt?

Lassen wir den Wolf in Ruhe seiner Wege ziehen.

Contra: "Wir brauchen den Wolf nicht!" von Sebastian Peters

Ich habe nicht grundsätzlich was gegen Wölfe, auch nicht gegen Hunde im Allgemeinen. Früher hatten wir selbst mal einen Hund. Tequila war ein zutraulicher Golden Retriever-Mischling, treudoof fast, und ziemlich lauffaul. Unser Niederrhein-Wolf hingegen ist ein wahrer Bewegungskünstler - erstaunlich, wo er in den vergangenen Tagen überall unterwegs gewesen sein soll. Seit der ersten Meldung einer Wolfssichtung in Haffen gibt es am Niederrhein eine heiße Debatte: Soll man sich freuen, dass der Wolf hierher gekommen ist, oder darf man dagegen sein?

Ich bin aus Prinzip dagegen. Natürlich ist gegen einen einzelnen Wolf am Niederrhein nichts einzuwenden, aber die Nachricht dahinter ist eine andere. Der Wolf hat eine hohe Reproduktionsrate, er wird sich also schneller ausbreiten als uns das lieb ist. Die Politik hat das erkannt: Bundestag und Bundesregierung äußern sich neuerdings deutlich wolfskritischer. Als Ultima Ratio wird auch die "letale Entnahme", also die Tötung des Tieres, nicht ausgeschlossen. Der Bestand der Wölfe regelt sich nämlich nicht von selbst.

Der Wolf kehrt nicht zurück in das Deutschland des Mittelalters, sondern in eine voll zivilisierte Kulturlandschaft. Wir sollten uns also Gedanken darüber machen, wann und wie wir den Bestand des Wolfes dezimieren. Höchstwahrscheinlich ist die Angst des Menschen vor dem Wolf unbegründet, vor unserem Niederrhein-Wolf nach Einschätzung der Lage in jedem Fall. Ich würde aber meine Kinder derzeit nicht am Deich spielen lassen. Der Wolf macht also Angst, noch viel mehr als uns Menschen den Weideviehhaltern. Auf der Speiseliste des Wolfes stehen schwache Tiere ganz oben, wenn er aber für ein paar Tage nicht auf schwache Tiere trifft, müssen auch Schafe dran glauben. Auch manches Haustier wird vielleicht irgendwann zum Opfer. Spätestens dann wird mancher Facebook-Freund des Wolfes vielleicht mit anderen Augen auf das Tier blicken.

(RP)
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