Himmel & Erde Liebe hört niemals auf

Der Weseler Superintendent Thomas Brödenfeld erinnert an die Loveparade-Katastrophe vor zehn Jahren in Dusiburg. Und er hofft, dass sich jenseits aller juristischen Urteile die Wahrheit doch noch zeigt, wer für die Tragödie verantwortlich war.

 Wesels Superintendent Thomas Brödenfeld

Wesels Superintendent Thomas Brödenfeld

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Der 24. Juli 2010 war ein sonniger Tag. Seit den frühen Morgenstunden strömten zehntausende Besucher durch die Duisburger Innenstadt, um auf das Gelände der Loveparade am ehemaligen Güterbahnhof zu gelangen. Es war eine internationale, bunt gemischte Community, von jung bis alt, die an diesem Tag nur eines wollte: friedlich und fröhlich feiern, abtanzen, miteinander die Freude an Technomusik und Rave teilen.

Ich erinnere mich, dass ich am Abend eine Meldung der Leitstelle unserer Notfallseelsorge erhielt. Es war von Toten und Verletzten in Duisburg die Rede, irgendetwas musste passiert sein. Eine Großschadenslage wurde ausgerufen und eine erste Gruppe von uns machte sich auf den Weg dorthin. Viele Kollegen der Notfallseelsorge waren an diesem und an den nachfolgenden Tagen, Wochen und Monaten im Einsatz. Es galt, den Verletzten, Angehörigen und Freunden der Toten, Traumatisierten, Trauernden, Augenzeugen und allen Beteiligten von Polizei, Feuerwehr und Rettungswesen beizustehen und sie zu begleiten. Zuweilen bis zum heutigen Tag, zehn Jahre nach der Tragödie.

Vor fünf Jahren ist für die 21 Menschen, die bei der Katastrophe gestorben sind und für die vielen hundert Verletzten eine Gedenktafel am Ende der Unterführung aufgestellt worden. Heute erinnern neben Fotos auch 21 Holzkreuze auf einer schmalen Treppe an die Festivalbesucher aus Australien, China, Deutschland, Italien, den Niederlanden und Spanien, die den 24. Juli 2010 nicht überlebten. In sieben Sprachen wird ein Vers aus dem Hohen Lied der Liebe im 1. Korintherbrief im 13. Kapitel zitiert: „Liebe hört niemals auf.“

Jetzt fand zum zehnten Jahrestag des Unglücks eine Nacht der 1000 Lichter stand. Angehörige der Toten und viele der damals Verletzten fanden sich zu einer Gedenkfeier zusammen, bei der anschließend 1000 Kerzen entzündet wurden. Was sie verbindet, ist die Trauer um die Toten, die Erinnerung an die Katastrophe, die allgegenwärtig ist und auch der Schmerz und das Unverständnis über den vor wenigen Monaten endgültig eingestellten Prozess gegen die Angeklagten des Strafverfahrens. Dass in zehn Jahren keine der an der Planung und Durchführung der Loveparade in Duisburg beteiligten Personen eine Verantwortung für die Katastrophe übernommen hat, ist kaum nachzuvollziehen. In den vorangehenden Versen des auf der Gedenktafel zitierten Bibelwortes „Liebe hört niemals auf“ heißt es: „Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit.“ Es bleibt zu hoffen, dass sich jenseits aller juristischen Urteile die Wahrheit eines Tages doch noch zeigt.

(Thomas Brödenfeld)
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