Himmel und Erde Singt dem Herrn ein neues Lied

Erst vor wenigen Wochen haben wir den Sonntag Kantate gefeiert. Zentraler Inhalt des Gottesdienstes an Kantate, es ist der vierte Sonntag nach dem Osterfest, ist in den evangelischen Kirchen der Gesang zum Gotteslob und die Wertschätzung des Gesangs und der Kirchenmusik.

 Superintendent Thomas Brödenfeld

Superintendent Thomas Brödenfeld

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

In vielen Gemeinden und Kirchen wird der Sonntag Kantate als musikalisch besonders gestalteter Gottesdienst begangen. Der Sonntag nimmt ein Bild aus dem 98. Psalm auf und gibt ihm damit seine besondere Bedeutung. „Singt dem Herrn ein neues Lied“, heißt es dort und traditionell wird zu Kantate besonders viel und stimmgewaltig gesungen. Kirchen- und Bläserchöre wechseln sich mit dem Gesang der Gemeinde ab und ergeben so einen festlichen Gottesdienst. In diesem Jahr haben nur wenige Gemeinden an Kantate überhaupt einen Gottesdienst gefeiert und gesungen wurde damals, am 10. Mai 2020, wie auch heute in unseren Gottesdiensten, überhaupt nicht. Seit gut einem Monat feiern wir in unseren Kirchen wieder Präsenzgottesdienste, mit einer begrenzten Anzahl von teilnehmenden Gemeindegliedern auf besonders gekennzeichneten Sitzplätzen. Länger als eine halbe Stunde sollte der Gottesdienst nicht dauern, danach muss ausreichend gelüftet werden. Die Orgel erklingt wieder, hin und wieder ist auch ein weiterer Instrumentalist dabei, manchmal, mit gebührendem Abstand zur Gemeinde, ein einzelner Sänger. Und dennoch fehlt das gemeinsame Singen in diesen Wochen und Monaten. Weil durch das Singen besonders viele Aerosole mit der Atemluft ausgestoßen werden, raten nahezu alle Fachleute vom Singen in Kirchen und Gemeindehäusern ab. Zu hoch ist das Infektionsrisiko in diesen Zeiten der Corona-Pandemie. Und da, wo es in den vergangenen Wochen zu lokalen Infektionswellen gekommen ist, lag das auch an Gottesdiensten, in denen gesungen und der Mindestabstand nicht eingehalten wurde. Und dennoch: Singen und Beten, Loben und Feiern hängen eng miteinander zusammen. Viele Gebete in der Bibel sind ursprünglich Lieder gewesen. Singen trägt den Menschen über sich selbst hinaus. Im gemeinsamen Singen entsteht eine Kraft, die sich von Gott gehalten und gesandt weiß. Gottesdienste leben auch vom Gesang der Gemeinde. Singen befreit. In fröhlichen wie in traurigen Momenten. Ängste lösen sich und Menschen erleben, wie ihnen neue Möglichkeiten zuwachsen. Da, wo wir jetzt nicht mit unseren Stimmen singen können, tun wir es mit unseren Herzen. Sprechen in Gedanken die vertrauten Liedverse mit und hoffen darauf, dass sich das Wort aus Psalm 98 erfüllt: „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“

(Thomas Brödenfeld)
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