Aserbaidschaner in Angst Schwimmverein kämpft gegen Abschiebung

Wesel · Der Weseler Schwimmverein macht sich für die Familie seines Mitglieds Vüsal Islamov (17) stark, die nach Aserbaidschan abgeschoben werden soll. Ein erster Versuch scheiterte an der Pleite der Fluglinie Germania.

 Natavan, Vüsal, Sübhan und Vugar Islamov (von links) aus Aserbaidschan leben täglich mit der Angst, abgeschoben zu werden.

Natavan, Vüsal, Sübhan und Vugar Islamov (von links) aus Aserbaidschan leben täglich mit der Angst, abgeschoben zu werden.

Foto: Fritz Schubert

Montag vor einer Woche erlebte die Familie Islamov dramatische Stunden und entging nur knapp der Abschiebung. Um 4 Uhr hatten Beamte Vater Vugar (46), Mutter Natavan (38) sowie die Söhne Vüsal (17) und Sübhan (elf) aus dem Bett geholt, das Nötigste einpacken lassen und waren mit ihnen zum Flughafen Düsseldorf gefahren. Hier bewahrte sie nur die Insolvenz der Fluglinie Germania vor dem Zwangsrückflug nach Aserbaidschan, wo Vugar als Angehörigem einer Oppositionspartei die Inhaftierung droht. Also ging es zurück nach Wesel, wo die Islamovs seit 2017 als Flüchtlinge leben und Freunde haben. So setzt sich der 500 Mitglieder starke Weseler Schwimmverein (WSV) für den Verbleib der Familie in Deutschland ein.

„Im Wasser gibt es nur Schwimmer“, sagt Ulf Priewe, stellvertretender Vorsitzender des WSV. „Welche Nationalität oder welche Einschränkungen jemand hat, sieht man nicht. Bei uns ist jeder gleich.“ Der Verein stellt sich schützend vor Vüsal und seine Familie. Pressewartin Larissa Borgmann schildert es so: Sofort hätten sich die Islamovs bemüht, Deutsch zu lernen und in Wesel Fuß zu fassen. „Vüsal träumt davon, so Borgmann, „Programmierer zu werden und bringt sich die Grundlagen der Programmiersprache selbst bei. Weitere Leidenschaft: Schwimmen.“ So kam er zum WSV.

„Als er zum ersten Mal bei uns am Beckenrand stand, war er ein schweigsamer und schüchterner Junge. Sein Schwimmstil war okay, aber verbesserungsfähig“, erinnert sich Sebastian Hegmanns, Trainer der Wettkampfgruppe, an die erste Begegnung. Doch Vüsal trainierte fleißig und erzielte große Fortschritte – sowohl im Wasser als auch an Land. Sein Deutsch verbesserte sich laufend und er öffnete sich den Mannschaftskollegen immer mehr. Der 17-Jährige gilt als „fester und von allen geschätzter Bestandteil der Wettkampfgruppe“. Betroffen und bestürzt reagierten die Mannschaftskollegen und der Vorstand des Schwimmvereins auf den Beschluss zur Abschiebung. Urkunden bezeugen Vüsals gute Schwimmleistungen. Vater Vugar war sowjetischer Meister im Wasserball und gehörte der Nationalmannschaft an.

In ihrer Wohnung am Rande der Feldmark stehen die aus der Hauptstadt Baku stammenden Islamovs noch immer unter dem Eindruck des Abschiebungsversuchs. Besonders Mutter Natavan geht es spürbar schlecht. Dass sie unter Panikattacken wegen permanent drohender Abschiebung leidet und Medikamente dagegen nehmen muss, sagt ein Arttest des St.-Alexius- / St.-Josef-Krankenhauses Neuss vom März 2017. Vater Vugar hat besonders die Heftigkeit des frühmorgendlichen Besuchs zugesetzt. „Ich bin Friseur, kein Terrorist“, sagt er. Bislang auf Herren spezialisiert, macht Vugar eine Zusatzausbildung zum Damenfriseur. Gerade war die Zwischenprüfung. Vugar arbeitet im Salon Le Selin in Voerde, besucht das Berufskolleg in Dinslaken. Die Söhne gehen zur Schule. Vüsal bereitet sich in der Realschule Mitte auf die Mittlere Reife vor. Seine Lehrer, so sagt er, sind zuversichtlich, dass er sie bekommt.

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