Zurück aus Lettland Schüler pflegen Holocaust-Gedenken

Wesel · Vier junge Leute haben in Lettland zwei arbeits- und erlebnisreiche Wochen verbracht. Unterstützt wurde diese Reise erstmals aus einem Topf der Stadt Wesel, die im Februar als 61. Mitgliedsstadt dem Deutschen Riga Komitee beigetreten war.

 Wolfgang Jung, Doris Rulofs-Terfurth, Julia Wälter, Elisa Heikapell, Mewes König, Marie Krechter und Ulrike Westkamp (v.l.) vor der Gedenktafel (Mitte) mit den Namen der Weseler Juden

Wolfgang Jung, Doris Rulofs-Terfurth, Julia Wälter, Elisa Heikapell, Mewes König, Marie Krechter und Ulrike Westkamp (v.l.) vor der Gedenktafel (Mitte) mit den Namen der Weseler Juden

Foto: Fritz Schubert

Mit 10.000 Euro war die städtische Haushaltsstelle zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ausgestattet worden. Der Rat hat zugesichert, bei Bedarf weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Was die Debütanten in der zweiten Juli-Häfte erlebt haben, schilderten sie Montag in einer Runde mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, Wolfgang Jung vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis und Doris Rulofs-Terfurth vom Stadtarchiv, die das Projekt organisiert hatte.

Über die Schulen waren Teilnehmer für einen Einsatz in Riga gesucht worden. Mitfahren durften am Ende Marie Krechter (17) und Elisa Heikapell (16) vom Konrad-Duden-Gymnasium sowie Julia Wälter (16) und Mewes König (15) vom Andreas-Vesalius-Gymnasium.40 Stunden mit Zug, Fähre und Bus hatten sie hinter sich, bis sie in ihrem Quartier, einem Sportinternat ankamen. Hier trafen 15 Jugendliche aus allen Teilen Deutschlands mit jungen Leuten aus Lettland zusammen. Der Arbeitseinsatz diente zum Beispiel der Pflege eines Friedhofs, auf dem im Ersten Weltkrieg gefallene Deutschen und Russen bestattet sind. Hie galt es hartnäckige Wurzeln auszugraben, Bäume zu fällen, verwilderte Grabstellen freizulegen sowie neue Pflanzen zu setzen und Kies aufzutragen, berichtete Marie Krechter. Mewes König fand es beeindruckend, wie unterschiedlich das Erinnern gestaltet sein kann. Interessant sei auch gewesen, anhand von authentischen Texten und Bildern etwas über die Einzelschicksale der Bestatteten erfahren zu können. Dies galt natürlich auch für den Besuch von Gedenkstätten für die NS-Opfer. So erfuhren die jungen Weseler, dass an Erschießungsstellen sich viele ihr eigenes Grab schaufeln mussten. Nachhaltig bei den Besuchern haften geblieben war zudem die schiere Masse der Opfer, was durch vergleichsweise winzige Namensschildchen an einer 100 Meter langen Wand deutlich wurde. Mehr als 40.000 Menschen waren hier ermordet worden – darunter mindestens 27 Deportierte aus Wesel und sechs aus Büderich. Ein Zeugnis dafür und Erinnerungsarbeit sind in der Stadt bekanntlich die Stolpersteine und die Tafel mit den Namen der Weseler Juden am Rathaus.

 Der Friedhof Schmiesing (Kreis Riga/Lettland) für 100 deutsche und 116 russischen Gefallene des Ersten Weltkrieges vor der Instandsetzung.

Der Friedhof Schmiesing (Kreis Riga/Lettland) für 100 deutsche und 116 russischen Gefallene des Ersten Weltkrieges vor der Instandsetzung.

Foto: MK
 So präsentiert sich die Anlage jetzt nach dem Arbeitseinsatz der deutschen und lettischen Jugendlichen.

So präsentiert sich die Anlage jetzt nach dem Arbeitseinsatz der deutschen und lettischen Jugendlichen.

Foto: MK

Neben der Grabpflege, dem Gedenken und auch Workshops zu Besonderheiten der deutschen und lettischen Kultur standen der Austausch mit den Gastgebern, das Kennenlernen Rigas und Freizeit mit Paddeln und Klettern auf dem Programm. Alle vier Teilnehmer würden es sofort wiedermachen und empfehlen Nachahmern so ein Programm. Die Bürgermeisterin und den Vorsitzenden des Jüdisch-Christlichen Freundeskreises würde es freuen. Der städtische Fördertopf ist für Fahrten aller Art zu Gedenkstätten für NS-Opfer in Europa gedacht. „Richtig gut angelegtes Geld“, sagte Jung. Fürs kommende Jahr haben sich das AVG und die Gesamtschule bereits gemeldet. Sie wollen nach Auschwitz fahren. Infos gibt es unter www.wesel.de.

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