Zukunftsforscher Michael Carl in Wesel Digitalisierung als Chance für Städte

Wesel · Nach Überzeugung von Zukunftsforscher Michael Carl sollten mittelgroße Städte wie Wesel stärker als bislang auf Bedürfnisse der Bürger und Konsumenten reagieren, um attraktiv zu bleiben.

 „Die Digitalisierung wird zu einem erheblich besseren Leben führen“, sagt Zukunftsforscher Michael Carl (l.), hier mit Reinhard Hoffacker (Sparkasse) und Citymanager Thomas Brocker (r.).

„Die Digitalisierung wird zu einem erheblich besseren Leben führen“, sagt Zukunftsforscher Michael Carl (l.), hier mit Reinhard Hoffacker (Sparkasse) und Citymanager Thomas Brocker (r.).

Foto: Klaus Nikolei

Bevor der Leipziger Zukunftsforscher Michael Carl am Mittwochabend bei einem Netzwerktreffen der Wesel-Partner (siehe Infobox) im Restaurant Art vor gut 70 Zuhörern unter anderem den Vortrag „Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? hält, ist er zu Gast bei Wesel-Marketing am Großen Markt. Nicht nur Citymanager Thomas Brocker nutzt die Chance, um, wie er sagt, mit dem „hochkarätigen Experten des größten deutschen Zukunftsinstitutes ,2b AHEAD ThinkTank’“ ins Gespräch zu kommen, sondern auch einige geladene Pressevertreter.

Mit ein wenig Verspätung trifft Michael Carl („Wir sind übrigens das größte, unabhängige Zukunftsinstitut in Europa“) ein, der einst evangelische Theologie studiert hat und viele Jahre beim Hörfunk beschäftigt war. Nach ein paar aufwärmenden Worten („Wir leben in einer Welt, die sich so schnell verändert, dass wir nicht umhin kommen, ein eigenen Zukunftsbild zu erstellen“) geht’s konkret um die Frage, was denn Wesel tun könne, um im Wettbewerb der Städte nicht abgehängt zu werden. Michael Carl kennt Wesel nicht. Eine detaillierte Antwort ist ihm deshalb auch nicht möglich. Doch ganz allgemein gelte, so sagt er, „dass keine Kommune alles kann. Man muss sich die Frage stellen, ober man Zweitbester sein will oder ob man sich auf Dinge fokussiert.“ Vor allem kleine und mittelgroße Städte müssten künftig beweglicher werden und sich den Wünschen der Bürger und Konsumenten anpassen. „Es wäre wünschenswert, wenn das Gemeinwesen meine Bedürfnisse erkennt und auf mich zukommt.“ Das alles sei möglich durch das Sammeln von Daten – ein Effekt der Digitalisierung.

Weil sich das Kundenverhalten in jüngster Zeit massiv geändert hat, einige Konsumenten nur noch am PC bestellen und den günstigsten Preis suchen, andere nach wie vor die Fachberatung und den persönlichen Kontakt im Einzelhandel schätzen, haben mittelgroße Anbieter das Nachsehen. Beispiel Saturn: Anfang März wird bekanntlich die mittelgroße Filiale im Weseler Esplanade-Center schließen. „Der Standard verschwindet in Zeiten, in denen die Schere der Bedürfnisse immer weiter auseinandergeht. Die Digitalisierung führt zu Individualisierung des Kundenbedarfs“, sagt Michael Carl, der ein Beratungsentgelt, das Fachgeschäfte erheben können, für eine lohnenswerte Strategie hält.

Generell sieht er in der Digitalisierung „eine große Chance, zu einem erheblich besseren Leben zu kommen. Wir alle haben jeden Grund, optimistisch zu sein.“ Und als Beispiel erzählt er von seiner Mutter, die in einem Pflegeheim lebt, in dem eine Fachkraft nachts zweimal nach den Bewohnern schaut. „Das ist eigentlich viel zu wenig. Was wäre, wenn 50 Sensoren zum Beispiel Körpertemperatur oder Atmung überprüfen“, sagt er.

Und da er schon mal beim Thema ist, bringt Michael Carl das Thema Pflege mit Hilfe von Robotern ins Spiel. Natürlich wolle jeder im Alter „von lieben, netten Menschen“ gepflegt werden. Nur wenn es diese Fachkräfte nicht gebe, könnten dann nicht Roboter den Menschen einige Arbeiten abnehmen, so dass sich Pfleger mit den Senioren beschäftigen, sich mit ihnen unterhalten. Denn genau das komme in der Pflege zu kurz.

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