Himmel und Erde Pfingsten – Urknall der Freiheit

Wesel · Pfingsten ist der Geburtstag einer solidarischen Kirche, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzt. Davon ist jedenfalls Wesels Superintendent Thomas Brödenfeld überzeugt.

 Der Weseler Superintendent Thomas Brödenfeld

Der Weseler Superintendent Thomas Brödenfeld

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

„Wo der Geist des Herren ist, da ist Freiheit, ja, Freiheit.“ Dieses Lied aus unserer Partnerkirche in Namibia nimmt ein zentrales Hoffnungsbild auf, das der Apostel Paulus in einem Brief an die Christen in Korinth beschreibt. Wenn wir uns mit unseren Geschwistern aus dem Kirchenkreis Otjiwarongo in Namibia treffen, sei es in den Partnergemeinden in Namibia selber oder bei uns am Niederrhein, dann gehört das Singen ganz selbstverständlich dazu. Lieder in englischer und deutscher Sprache oder in der Vielfalt der Dialekte Namibias prägen unsere ökumenischen Treffen. Das Lied „Wo der Geist des Herren ist, da ist Freiheit, ja, Freiheit“, nimmt die Erfahrungen der Unterdrückung des namibischen Volkes durch weiße Kolonialherren und Besatzungsmächte auf. Unrecht und Gewalt waren über viele Jahrzehnte an der Tagesordnung und die Angst der schwarzen Mehrheitsbevölkerung in Namibia und Südafrika schien grenzenlos. Der Glaube an die befreiende Macht Gottes aber war stärker als jede Verzweiflung. Die Menschen spürten in aller Unfreiheit: Gottes Geist ist in der Welt, er wird die bestehenden Verhältnisse umstürzen und für eine neue und gerechte Ordnung sorgen. Gottes befreiender Geist ist der Welt durch das Pfingstwunder geschenkt. Durch Gottes Geist konnten die Jüngerinnen und Jünger Jesu die Mauern ihrer eigenen Ängste überwinden und wurden zu einem neuen Miteinander befreit. Keine Vorurteile, keine Abgrenzung, keine Ängste vor dem Fremden. Stattdessen Teilhabe aller an den Gütern und dem Reichtum der Welt. Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche. Einer Kirche, die sich nicht vor dem Elend der Welt abschottet und in selbstgerechter Innerlichkeit ergeht. Pfingsten ist der Geburtstag einer solidarischen Kirche, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzt. Die keine Angst hat, sich mit den Mächtigen der Welt anzulegen. Die den Verstummten und Ausgebeuteten der Welt ihre Stimme verleiht. Pfingsten ist der Urknall der Freiheit. Diese Freiheit gilt allen Menschen. Mehr denn je ist es heute Aufgabe aller Kirchen in der Ökumene, diese Freiheit Gottes zu verkünden und einzufordern. Nach wie vor leben unzählige Menschen auf der Welt in Unfreiheit, in Ängsten und in gotteslästerlicher Armut. Eine Kirche, die aus dem Geist des Pfingstfestes lebt und glaubt, wird sich niemals damit abfinden. Das sind wir allen Menschen schuldig, für die wir stellvertretend glauben und singen: „Wo der Geist des Herren ist, da ist Freiheit, ja, Freiheit.“

Thomas Brödenfeld, Superintendent

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