Taten in Wesel und Hamminkeln Staatsanwaltschaft wirft „spirituellem Führer“ Vergewaltigung vor

Wesel/Hamminkeln/Duisburg · Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat wegen zahlreicher schwerer Straftaten Anklage gegen einen selbst ernannten spirituellen Führer erhoben.

 Das Haus Constanze in Diersfordt, in dem sich mehrere Taten zugetragen haben sollen,ist mittlerweile verkauft.

Das Haus Constanze in Diersfordt, in dem sich mehrere Taten zugetragen haben sollen,ist mittlerweile verkauft.

Foto: Klaus Nikolei

Dem 57 Jahre Mann aus Hamminkeln würden unter anderem Vergewaltigung und Freiheitsberaubung zur Last gelegt, sagte am Donnerstag eine Sprecherin des Landgerichts Duisburg. Die mutmaßlichen Taten richteten sich gegen Mitglieder der von ihm begründeten Gemeinschaft.Der Angeschuldigte sitzt seit Anfang August in Untersuchungshaft. Er soll der „spirituelle Führer“ eines „Balance Recovery Life Centers“ gewesen sein, dessen Zweck eine esoterisch-spirituelle Lebensberatung und die Therapie von Lebenskrisen gewesen sein soll. Das Gericht muss jetzt über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung entscheiden. Insider haben keinerlei Zweifel daran, dass dem 57-Jährigen der Prozess gemacht wird. Über den Fall hatte t-online.de berichtet.

Bei den Straftaten aus dem Zeitraum Januar 2016 bis Juli 2020 handelt es sich allein um 20 Fälle von gefährlicher Körperverletzung. Dazu kommen vorsätzliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung und Vergewaltigung in fünf Fällen sowie sexuelle Nötigung in drei Fällen. Insgesamt gehe es um zehn Geschädigte, darunter auch einen 16-Jährigen, sagte die Sprecherin.

Der mutmaßliche Täter hatte den Angaben zufolge Wohnungen in Wesel und Hamminkeln. In Diersfordt habe er auch eine Gastronomie im „Haus Constanze“ betrieben. Wenn Mitglieder der Gemeinschaft Arbeiten nicht ordentlich erledigten, soll der Angeklagte sie mit Metallstangen, Regenschirmen, Schöpfkellen und Metallpfannen geschlagen und sie darüber hinaus getreten haben. Auch habe er Gemeinschaftsmitglieder mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen und ihnen Brandwunden zugefügt. Einmal soll er zwei von ihnen unabhängig voneinander bis zu fünf Tage lang in ein Gartenhaus gesperrt haben. Zudem habe er sie zu sexuellen Handlungen an sich und untereinander gezwungen. Die Vergewaltigungen beziehen sich auf Oralverkehr. Der Angeschuldigte und sein Anwalt, so die Sprecherin des Landgerichtes, hätten nun die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen.

Der Fall hat übrigens nichts zu tun mit dem eines 58-jährigen Mannes, der sich selbst als „Propheten“ bezeichnet und in Goch festgenommen worden war. Gegen ihn sei noch keine Anklage erhoben worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kleve.

In Diersfordt hat am Donnerstag die Nachricht von der Festnahme des 57-Jährigen und den Anschuldigungen gegen ihn schnell die Runde gemacht. „Wir sind geschockt von dem, was da offensichtlich passiert sein soll“, sagt eine Frau aus dem Ort. Zwar habe es immer Gerüchte gegeben, dass mit dem „Niederländer“ etwas nicht stimmte. „Aber dass es dort zu sexuellem Missbrauch gekommen sein soll, das ist furchtbar. Und niemand von uns hat etwas mitbekommen.“

In der Vergangenheit war das „Balance Recovery Life Center“ schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Im März 2018 war eine damals 35-jährige Frau, die zuvor mehrere Monate lang im Haus Constanze tätig war, mehrere Wochen lang vermisst worden. Die Polizei hatte seinerzeit mit einem Foto der Frau nach der Vermissten gesucht. Die meldete sich wenige Tage später telefonisch bei der Behörde. Details zu dem Fall wollte die Polizei damals nicht mitteilen. Wie es zur Festnahme des „spirituellen Führers“ im Sommer gekommen war, auch dazu wollte die Polizei in Wesel mit Verweis auf die zuständige Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Duisburg erklärte auf Anfrage, dass im Juli 2020 ein mutmaßlich Geschädigter bei der Polizei Anzeige erstattet habe und daraufhin das Haus Constanze durchsucht worden sei. Im Rahmen der Ermittlungen soll der „spirituelle Führer“ dann Anfang August festgenommen worden sein. Und zwar, wie unsere Redaktion erfuhr, auf der Grav-Insel in Flüren.

(th/kwn/dpa)
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