RP-Serie „Engel im Alltag“ (Teil 2) Einer für alle

Wesel · Dieter Skusa macht seit mehr als 20 Jahren Inklusion. Als Jugendleiter der Evangelischen Kirchengemeinde Wesel schafft er damit nicht nur immer mehr Gemeinschaftsgefühl, sondern inspiriert auch andere.

  Dieter Skusa (Mitte), Mathias Kirschner (u.l.), Julian (2.v.l.) und einige andere Jugendliche im Jugendzentrum Katakombe

Dieter Skusa (Mitte), Mathias Kirschner (u.l.), Julian (2.v.l.) und einige andere Jugendliche im Jugendzentrum Katakombe

Foto: Maren Könemann

„Dieter ist ein riesengroßes Vorbild für mich. Und er ist auch der Grund, warum ich das hier mache.“ Mathias ist 19 Jahre alt und absolviert sein Freies Soziales Jahr in den drei inklusiven Jugendzentren der Evangelischen Kirchengemeinde Wesel. Eines davon, die Katakombe im Gemeindezentrum am Lauerhaas, kennt Mathias schon ziemlich gut. Hier hat er selbst als Jugendlicher seine Freizeit verbracht. Dass er in der inklusiven Kinder- und Jugendarbeit seine Zukunft sieht, liegt hauptsächlich an seinem Jugendleiter, seinem Vorbild und Engel im Alltag: Dieter Skusa.

Als Engel würde Dieter Skusa sich zwar nicht gerade bezeichnen. So würden ihn eher manche Eltern mal nennen, sagt er. Außerdem findet er, dass „helfen“ die falsche Bezeichnung für das ist, was er jeden Tag so macht. „Die Frage ist doch immer, wer hier wem hilft“, sagt er bescheiden, und weist damit auf das lockere Miteinander im offenen Treff hin.

Davon profitiert zum Beispiel Sebastian. Der 38-Jährige lebt ihm Wohnheim Obrighoven und arbeitet in der dort integrierten Werkstätte für Behinderte. Montags kommt er nach der Arbeit zum offenen Treff im Gemeindezentrum. „Hier ist einfach mehr los als zu Hause. Wir sitzen hier, quatschen ein bisschen. Manchmal spiele ich Billard mit den anderen“, erzählt er. Auch auf den Segel-Freizeiten, die Dieter Skusa regelmäßig für alle organisiert, sei er schon mitgereist, und habe an Kunstworkshops oder anderen Aktionen im Jugendheim teilgenommen. Genau wie Julian. Der 23-jährige begeisterte Schalke-Fan nimmt neben den Segel-Freizeiten auch jeden Montag an der Tanzgruppe teil. Dass die beiden hier sein und alles mitmachen können, haben auch sie Dieter Skusa zu verdanken.

Denn das gesamte Angebot des Jugendzentrums ist inklusiv – also für Menschen mit und ohne Einschränkungen. Jeder kann mitmachen. Das hat Dieter Skusa, der hier vor zehn Jahren Jugendleiter geworden ist und schon zuvor etwa ein Jahrzehnt ehrenamtlich mit Menschen mit und ohne Einschränkung gearbeitet hat, so beschlossen. Und da gab es auch keine aufwendigen und kostspieligen Umbauten oder Ähnliches, obwohl die Räumlichkeiten des Jugendzentrums sich im Keller des Gemeindehauses befinden. „Wenn jemand im Rollstuhl kommt, na dann tragen wir ihn einfach runter“, sagt Skusa.

Im Vordergrund stehe bei allen Angeboten, dass man etwas gemeinsam unternimmt, sagt Skusa, mehr eigentlich nicht. Und das scheint extrem gut zu funktionieren. Die Tanzgruppe ist jeden Montag sehr gut besucht, es gibt Bogenschießen, Segel-Freizeiten, Kochgruppen, Spielenachmittage oder Theatergruppen. Manchmal hat Skusa rund 60 Kinder im offenen Montags-Treff, die gemeinsam ihre Freizeit hier genießen.

Für die vielen – natürlich ebenfalls inklusiven – Projekte, die zusätzlich zum normalen Programm in den Jugendzentren stattfinden, sind nicht nur die Kinder und Jugendlichen Dieter Skusa dankbar. Auch Mathias wüsste manchmal nicht, was er ohne ihn machen würde. „Ich bin schon Erzieherinnen begegnet, die mit Inklusion überhaupt nicht klarkamen. Und dann ist da der Dieter“, sagt er. „Er kann unheimlich gut mit Menschen umgehen. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass er sich immer so viel Zeit für alle nimmt.“ Nach seinem FSJ möchte Mathias Soziale Arbeit studieren. Danach will er auf jeden Fall in einer inklusiven Einrichtung arbeiten. „Ich brauche die Abwechslung einfach.“

So einfach fällt es allerdings nicht allen. Vor allem Eltern wüssten oft nicht, was inklusiv eigentlich genau bedeute und manchmal falle es ihnen auch schwer, loszulassen, weiß Skusa. „Viele denken, inklusive Projekte oder Angebote seien nur für Menschen mit Einschränkungen. Und dann zögern viele Eltern, ihre Kinder herzuschicken. Das muss man dann immer erst einmal klarmachen.“

Vielleicht wünscht sich Dieter Skusa manchmal mehr Selbstverständnis. Mancherorts könne man auch noch viel mehr Inklusion vertragen, findet er. Aber hier in den Jugendzentren funktioniere alles sehr gut.

Und so wird es auch weitergehen, denn in einem Punkt ist sich Skusa ganz sicher: „Sich für andere Menschen einzusetzen, mal die Scheuklappen abzulegen, und andere auf ihrem Weg zu begleiten, das ist mir wichtig. Und das möchte ich weitertragen.“

Kennen Sie auch einen Engel im Alltag? Wer ist Ihnen tagtäglich eine besondere Hilfe, wem sind Sie für seinen Beistand dankbar? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte. Unsere Adventsreporterin Maren Könemann wird Sie (und Ihren Engel) gerne besuchen. Kontakt: adventsreporterin@rheinische-post.de oder 028114340

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