Wesel Wesel hat die Wahl: Der Rat wird bunter

Wesel · Es gibt kein Wahlfieber in der Stadt, obwohl diese Kommunalwahl spannend zu werden verspricht. Noch nie gab es in Wesel so viele Parteien, die sich bewerben. Ratsbündnisse werden schwerer. Und: Beim Bürgermeister-Duell ist eine Stichwahl denkbar.

 Allmählich kommt der Kommunalwahlkampf in Fahrt. Auf großen Stellwänden präsentieren sich in Wesel Titelverteidigerin Ulrike Westkamp (SPD) und Jürgen Linz (CDU) Seite an Seite als Kandidaten für das Bürgermeisteramt.

Allmählich kommt der Kommunalwahlkampf in Fahrt. Auf großen Stellwänden präsentieren sich in Wesel Titelverteidigerin Ulrike Westkamp (SPD) und Jürgen Linz (CDU) Seite an Seite als Kandidaten für das Bürgermeisteramt.

Foto: Jürgen Bosmann

Knapp vier Wochen bis zur Kommunalwahl am 25. Mai - die RP ist ab sofort mit ihrer Wahl-Serie der Lotse durch den Dschungel der komplizierten Verhältnisse. Sicher ist: Der Stimmzettel wird in den meisten der 25 Weseler Kommunalwahlbezirke so lang wie nie. Neben den im Rat etablierten Parteien CDU, SPD, Grüne und Linke buhlt die WWW in sämtlichen Wahlbezirken um Stimmen. Die Piraten tun's in 22 Bezirken, die weitgehend unbekannte UWG in 13 Bezirken. Unsicher sind die künftigen Mehrheiten. Wer von den Kleinen nimmt wem von den Etablierten Stimmen weg? Ähnlich ist's bei der von 2015 auf jetzt vorgezogenen Bürgermeister-Wahl. Sah es anfangs nach einem Zweikampf von Amtsinhaberin Ulrike Westkamp (SPD) mit Jürgen Linz (CDU) aus, stoßen die Kandidaten Norbert Segerath (Linke) und Manfred Schramm (Piraten) hinzu. Die Folge: Die Spitzenleute der Kleinen können die Stimmen wegfangen, die die beiden Favoriten benötigen, um im ersten Wahlgang die 50-Prozent-Hürde zu knacken. Im Bereich des Möglichen liegt deshalb eine Stichwahl ums Bürgermeisteramt drei Wochen später. Die RP hilft bei der Meinungsbildung zur Wahl - mit der großen Kandidaten-Debatte am 29. April (siehe Text rechts).

Die Ausgangslage 2009 gewann die CDU mit 39,5 Prozent trotz Verlusten vor SPD (37,6), Grünen (8,4), FDP (7,65), Linken (4,99) und UWW (1,7). Dennoch geriet sie ins Abseits, weil SPD, Grüne und FDP die Ampel schmiedeten. Die platzte später, auch weil die SPD ihre kleinen Partner bis zur Unkenntlichkeit dominierte. Die FDP, die ihren vereinbarten Dezernenten-Posten nach Protesten nicht besetzen konnte, machte sich frei. Die Grünen, die Bürgermeisterin Westkamp besonders schätzen, kleben bis heute an der SPD. Von dannen zog ihr Ratsmitglied Thomas Lemken, der später zur CDU wechselte. Die UWW (ein Sitz) hat sich aufgelöst, die von internen Querelen belastete Linke (anfangs zwei Sitze) ist halbiert. Die CDU, wegen der Bürgermeisterinnen-Stimme im Rat de facto mit Sitzgleichheit zur SPD, wechselte ihre Fraktionsspitze: Rudi Spelmanns ging, Jürgen Linz kam.

Die Bürgermeister-Wahl 2009 wurde die CDU mit dem externen Kandidaten Hörsken um 15 Prozentpunkte von der SPD abgehängt. Jürgen Linz soll's wettmachen, er ringt um mehr Bekanntheitsgrad. Die FDP unterstützt ihn, hat aber Parteichef Bernd Reuther auf Plakaten so geflaggt, als sei er auch Kandidat. Ulrike Westkamp sitzt nach zwei Amtsperioden fest im Sattel.

Die Wahlziele CDU und SPD bekunden, jeweils stärkste Fraktion werden zu wollen. Die Sozialdemokraten werfen deshalb die Popularität "ihrer" angeblich parteineutralen Bürgermeisterin in die Waagschale, haben die auf sechs Jahre verlängerte Ratszeit im Blick. Die Grünen glauben weiter an ihre Stammwählerschaft um die acht Prozent, wollen vier Sitze. Ungebrochen nach dem Bundestagswahldesaster sind die Liberalen. Vier Sitze sind auch ihr Ziel. Die Linken wollen auf jeden Fall wieder in Fraktionsstärke in den Rat einziehen (zwei Sitze), haben sich intern befriedet. Fraktionsgröße peilen auch WWW und Piraten an, wobei die WWW durch die Besetzung aller Bezirke mehr Potenzial haben dürfte. Gänzlich unkalkulierbar ist die UWG. Wahrscheinlich ist, dass mehr Parteien in den Rat einziehen.

Die Knackthemen SPD-Linie ist nach diversen Umfragen: Wohlfühl-Parole "In Wesel lebt's sich gut" ausgeben plus 1000 Gespräche mit der Bürgermeisterin. Schule, Soziales, Integration sind keine kontroversen Themen, die Stadt steht gut da. Anders sieht es bei Wirtschaftsförderung und vor allem Infrastruktur aus; hier wird meist nur reagiert statt agiert. Auch bei Wesel im Wettbewerb fehlt es an Langzeitstrategie. Die Grünen besetzen ihr Kernthema Energiewende.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort