Naturfotograf in Wesel Der Fotograf der Störche

Wesel · Hans Glader ist am Niederrhein bekannt für seine Fotokunst. Störche haben es ihm besonders angetan. Die Faszination für Vögel weckte in ihm der Vater in Österreich. Für seine Bilder braucht er vor allem eines: Geduld.

Wesel: Der Fotograf der Störche Hans Glader
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Der Fotograf der Störche

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Foto: Hans Glader/H.Glader

Jeder Tierfotograf hat dieses eine Bild, das er unbedingt im Leben einmal schießen will: Ein Mönchsgeier, wie er seine Jungen füttert. Ein Seeadler im Anflug auf das Nest. Storchenfotograf Hans Glader vom Niederrhein könnte seine Leidenschaft eigentlich enden lassen, weil er sein Traumbild schon gemacht hat.

Lange schon wollte er einen Schwarzstorch zusammen mit einem Weißstorch fotografieren. Schwarzstorche waren vor Jahrhunderten mal im Dämmerwald in Schermbeck beheimatet, jetzt sieht man sie vorwiegend in den Mittelgebirgen und in weiterer Ferne. Glader fuhr vor Jahren schon auf die griechische Insel Lesbos, um eine solche Szene festzuhalten. Dort sei ihm aber nur ein mittelmäßiges Bild gelungen, sagt er. Vor zwei Jahren sei ihm dann aber das schier Unglaubliche passiert: Als er in seinem Heimatort Isselburg-Werth unterwegs war, habe er plötzlich einen Schwarz- und einen Weißstorch quasi direkt vor der Haustür gemeinsam entdeckt. Er drückte natürlich auf den Auslöser. Spätestens da wusste Glader: diese Tiere und er haben eine enge Verbindung.

Hans Glader kommt aus Österreich, Millstatt, ein kleiner Ort in Kärnten. Sein Vater begeisterte ihn dort für die Tierwelt, nahm ihn mit in die Berge, zeigte ihm die Vögel. „Er hat mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Eisvogel gezeigt“, erinnert sich Glader. Er sei mit dem Vater auf einem Spaziergang gewesen, dann habe er unten am Wasser etwas bläulich schimmern gesehen. Der Eisvogel habe seinen Namen nicht, weil er aus dem hohen Norden kommt, sondern weil er dem Eis farblich so ähnlich sei, sagt Glader. Später zeigte ihm der Vater bei der Pilzsuche auch noch einen Auerhahn, der größte Hühnervogel, ein mächtiges Exemplar.

Es sind solche Erinnerungen, die Glader schwärmen lassen, die seine Begeisterung für die Vogelwelt geweckt haben. Und schöne bunte Vögel gibt es nicht nur in Österreich, sondern auch in der niederrheinischen Tiefebene.

Glader kam 1972 nach Deutschland, einer Liebe wegen. Damals war er als Schriftsetzer tätig, er wollte eigentlich nach Berlin, um dort mehr Geld zu verdienen. Seine Mutter kam gebürtig aus Bocholt, es bestand eine gewisse Verbindung. In Werth statt Berlin wurde Glader heimisch. Die Siebziger waren eine Zeit, in der im deutschen Fernsehen noch viel Wert auf qualitätvolle Tierfilme gelegt wurde. Gladers Favorit war Heinz Sielmann. Der habe gezeigt, wie man dem Geschöpf sensibel begegne, wie man die Tierwelt authentisch und begreifbar mache. Glader kaufte sich eine erste Kamera. Das Modell hieß „Revue“ aus dem Quellekatalog. „Das waren eigentlich DDR-Kameras, im Osten wurden sie unter dem Namen Praktiker verkauft“, sagt Glader. Damals fotografierte er als junger Mann Hasen und Rehe. Aber die Qualität der Bilder ließ zu Wünschen übrig: „Man war stolz, wenn man am Ende überhaupt was erkennen konnte.“

Warum jetzt Vögel? „Vögel sind die ersten, die man morgens hört, die man sieht, wenn man in den Garten schaut. Sie sind quasi immer da.“ Die Fotografie der Vögel  begann ihn zu reizen, als er einen VHS-Vortrag hörte. „Der Fotograf damals hat aber nur Nestaufnahmen gemacht, ich wollte mehr, ich wollte was anderes.“ Inzwischen zeigt Glader seine Bilder selbst häufig bei Dia-Vorträgen.

Besonderes Aufsehen erregt er dort immer mit seinen Storchenbildern, denn tatsächlich sind der Niederrhein und dieses schöne Vogeltier ja in den vergangenen Jahren eine enge Verbindung eingegangen. 323 Brutpaare gibt es in NRW. Im Kreis Wesel gibt es in diesem Jahr schon 37 Brutpaare. Im vergangenen Jahr waren es noch 30. Insgesamt kommt man für den Niederrhein auf 69 Brutpaare, eines im Kreis Viersen, drei sogar in Duisburg, und 28 Paare im Kreis Kleve. Dort, in Zyfflich, wurde in den Neunzigern auch das erste Storchenpaar wieder am Niederrhein heimisch, nachdem Jahre zuvor kein Storch hier gesehen wurde. Die Ankunft des Storches am Niederrhein – für Glader ist sie auch Beweis für die Wirksamkeit gelungenen Naturschutzes. Seine „Stiftung Störche“ setzt sich für die Tiere ein.

Glader fasziniert auch das Flugverhalten des Storches, der auf weiten Strecken von der Thermik lebt. „Eigentlich ist er ein Segler.“ Viele Jahre flogen die Störche unserer Region winters nach Westafrika, doch längst nicht mehr alle nehmen den gefährlichen Weg bis dort auf sich, weiß Glader zu berichten. Die Straße von Gibraltar ist für Störche gefährlich, weil besonders die Jungvögel die thermischen Bedingungen unterschätzen. Eigentlich schrauben sich die Störche in der Thermik vor Gibraltar hoch in die Luft, um als eher schlechte Flieger das Meer dort überqueren zu können. Rund 14 Kilometer ist die Meerenge mindestens breit, nur Wasser und keine Chance auf Thermik. Bei einigen Störchen reicht dann die Kraft nicht. Gefährlich ist auch die Sahara, dort finden die Tiere kein Futter.

Auch unsere Niederrheinstörche begnügen sich deshalb immer häufiger mit dem Überwintern in Spanien und Portugal. Manche Tiere bleiben sogar ganz am Niederrhein. In Bislich und Dingden gebe es ein Storchenpaar, das bleibe. Manche Storche nutzen sogar mittlerweile die Vorteile der Deponie in Wesel von Drehkopf. Neun Tiere seien dort schon gesehen worden. Dort würden sie immer ausreichend Futter finden; auch wenn es ein trauriger Anblick ist, wenn ein so schönes Tier wie der Storch plötzlich auf einer Deponie entdeckt wird.  Die spanischen und portugiesischen Störche wiederum würden oft schon Ende Februar wieder am Niederrhein ankommen, früher kamen die Tiere erst im Mai.

Hans Glader kennt so viele Details über diese Tiere, über ihren Lebensraum, weil die Störche beringt werden. Drei Stationen gibt es in Deutschland. Die Kennung DE-W, die der am Niederrhein geborenen Störche, steht für Wilhelmshafen. Es folgt eine Buchstaben-Nummern-Kombination, die jedem einzelnen Tier individuell zuzuschreiben ist. So kann Glader genau wissen, wenn ihm im fernen Spanien plötzlich ein in Bislich geborener Storch entgegenkommt.

Obwohl dieses Tier hier so populär ist: So ganz ist der Storch noch nicht angekommen. Immer wieder halten ihn die Niederrheiner auch eine Nilgans oder den Silberreiher für einen Storch. Man muss eben genau hinschauen. Wer es lernen will, sollte mit Glader laufen. Der Mann weiß, wo die Storche sind.

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