Makler in Wesel Immobilienmarkt wird durch Corona gebremst

Wesel · Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Preise für Privat- und Gewerbeimmobilien stocken oder gar leicht sinken. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter Fachleuten in Wesel.

 Die Nachfrage nach Gebrauchtimmobilien in guter Lage ist nach wie vor groß. Denn die Zinsen sind niedrig.

Die Nachfrage nach Gebrauchtimmobilien in guter Lage ist nach wie vor groß. Denn die Zinsen sind niedrig.

Foto: Tobias Hase

In den vergangenen Jahren kannten die Preise für neue und gebrauchte Immobilien in vernünftigem Zustand und ansprechender Lage nur eine Richtung – nach oben. Und zwar nicht nur in den angesagten Metropolen beziehungsweise in deren direkten Dunstkreisen, sondern auch in ländlicheren Gebieten wie Wesel und Umgebung. Doch die Corona-Pandemie hat diesen Trend – vorerst jedenfalls – gebremst. Davon sind jedenfalls mehrere Branchenexperten beziehungsweise Immobilienmakler überzeugt, wie eine Umfrage unserer Redaktion gezeigt hat.

Friedrich-Wilhelm Häfemeier, der Vorstandsvorsitzende der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe, zeigt sich überzeugt, dass die „Nachfragedelle“, die die Corona-Pandemie verursacht habe, mindestens ein bis zwei Jahre andauern werde. „Wobei es langfristig keine Probleme geben wird. Die Nachfrage und auch die Preise werden wieder steigen“, sagt Häfemeier. Was derzeit für die „Delle“ sorgt, ist aus Sicht des Sparkassen-Chefs die Tatsache, dass sich rund ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung in Kurzarbeit befindet und deren Arbeitsplätze möglicherweise in Gefahr sind. „Diese Leute haben Angst um die Zukunft und fallen als mögliche Käufer aus.“ Aus diesem Grund sei bei der Immobilienabteilung der Sparkasse die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Häusern deutlich zurückgegangen. Häfemeier geht davon aus, dass in einzelnen Segmenten die Preise sinken werden. Wobei er betont, dass die Situation nichts mit einem „krisenhaften Zusammenbruch zu tun hat, der Markt insgesamt stabil bleibt“.

Ähnlich äußert sich auch Werner Verholen, Geschäftsführer der Volksbank Immobilien Niederrhein GmbH mit Sitz in Wesel. „Nachdem wir vor zwei oder drei Wochen weniger Nachfrage hatten, der eine oder andere Immobilieninhaber von seinen Verkaufswünschen zurückgetreten ist, haben wir jetzt wieder Bewegung drin.“ Die Nachfrage sei da, nur dass es jetzt für ein Objekt nicht „50 bis 100 Interessenten gibt, sondern 20 bis 30 Prozent weniger“, sagt Verholen. Allerdings würde es in aller Regel trotzdem zu einem Verkaufsabschluss kommen. Der Immobilien-Experte hat das Gefühl, dass generell die Nachfrage nach Wohneigentum ungebrochen ist. „Manche haben gerade in der Zeit der Pandemie erkannt, dass die eigenen vier Wände ein Hort der Sicherheit sind. Der Wert, den Leute einer Immobilie beimessen, ist aus meiner persönlichen Sicht größer geworden.“ Angesprochen auf die Gründe, warum überhaupt jemand aktuell eine Immobilie anbietet, sagt Verholen: „Wer sich beruflich oder privat verändert, weil er sich vielleicht kleiner setzen will, möchte verkaufen. Das gilt auch für Erben, die längst ganz woanders leben und das geerbte Objekt zum Verkauf anbieten.“ Gesucht würde von der Eigentumswohnung bis zur Villa alles. Doppelhaushälften und Reihenhäuser seien vor allem für junge Familien interessant, zumal die Finanzierung nach wie vor günstig sei. Verholen ist überzeugt, dass sich die Wirtschaft bis Mitte 2021 wieder erholen wird. „Vorausgesetzt, dass wir nicht nachlässig werden und es am Ende einen Impfstoff oder ein Medikament geben wird.“

Für Volker Meininghaus, seit mittlerweile 14 Jahren Chef von Immobilien Tinnefeld in Wesel, wird die Corona-Krise dazu führen, dass die Immobilienpreise nun auf ein normales Maß schrumpfen werden. Die Nachfrage vor allem nach Doppelhaushälften oder Immobilien in guten Lagen sei allerdings gleichbleibend hoch. „Wenn man eine Doppelhaushälfte anbietet, rennen einem die Leute die Bude ein. Auch gibt es eine sehr gute Nachfrage nach kleinen bis mittelgroßen, selbstgenutzten Häusern“, sagt der Diplom-Kaufmann.

Auffallend ist für ihn schon, dass sich vereinzelt potenzielle Verkäufer mehr Gedanken darüber machen, ob ein Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist. „Die Frage, welche alternative Anlageform in Zeiten von Minuszinsen sich dann anbietet, bereitet einigen Verkäufern Sorgen.“ Angesichts der wirtschaftlichen Situation geht Meininghaus davon aus, dass vor allem Objekte mit Ladenlokal verstärkt angeboten werden. „Womöglich werden Vermieter damit leben müssen, dass sie nicht mehr 35 bis 40 Euro pro Quadratmeter von ihren Mietern verlangen können, sondern nur noch 15.“ Wie sich der Markt genau entwickeln werde, bleibe abzuwarten.

Keine wirkliche Veränderung durch die Corona-Krise hat Jennifer Berndsen ausgemacht. Die Maklerin, Mitglied im Vorstand des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) und zuständig für die Region Niederrhein/Duisburg, erklärt: „Die Auftragslage ist gleich gut geblieben.“ Allerdings ist ihr aufgefallen, dass Verkäufer derzeit mehr Zeit haben, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Es ist Fakt, dass Menschen, die etwas erben oder sich trennen, einen Makler brauchen, um die Objekte zu verkaufen“, sagt sie. Die Nachfrage sei vor Corona und auch jetzt stabil. „Denn es gibt viele Kunden, die nicht in Kurzarbeit sind und über einen sicheren Job verfügen. Der Wunsch, sich zu verändern, ein Haus zu kaufen oder eine andere Wohnung anzumieten, ist nach wie vor da. Zumal die Zinsen nicht gestiegen sind und die Banken bereit sind, Privatkunden zu finanzieren.“ Nach wie vor würden für Gebrauchtimmobilien hohe Preise gezahlt. „Wir haben nach wie vor einen Verkäufermarkt“, sagt Jennifer Berndsen.

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