Azubis beim Autohaus Maibom „Das beste Mittel gegen den Facharbeitermangel ist, junge Leute selbst auszubilden“

Wesel · Anfang des Monats haben beim Weseler Autohaus Maibom 15 junge Menschen eine Ausbildung begonnen. Das hat es in der mehr als 60-jährigen Firmengeschichte noch nicht gegeben. Warum mitunter auch willige Bewerber mit Defiziten eine Chance bekommen.

 Zum Start ins erste Ausbildungsjahr haben Hans-Jürgen (2.v.l. hinten) und Wolfgang Maibom (2.v.r. hinten) die neuen Lehrlinge der Maibom-Gruppe zum Frühstück nach Wesel eingeladen.

Zum Start ins erste Ausbildungsjahr haben Hans-Jürgen (2.v.l. hinten) und Wolfgang Maibom (2.v.r. hinten) die neuen Lehrlinge der Maibom-Gruppe zum Frühstück nach Wesel eingeladen.

Foto: Klaus Nikolei

Die meisten jungen Leute mit Abitur hoffen, dass sie mit Hilfe eines Studiums beste Karrierechancen haben. So ähnlich hat Jule Hartmann auch mal gedacht. Während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) aber ist die junge Weselerin zu der Überzeugung gelangt, dass eine Ausbildung besser zu ihr passen würde. Und so hat sich die mittlerweile 19 Jahre alte Weselerin entschieden, ihr Glück bei der Firma Maibom in Wesel zu versuchen, wo ihr Onkel schon seit vielen Jahren tätig ist.

Jule Hartmann gehört zu den 15 jungen Leuten im Alter von 16 bis 24 Jahren, die zum 1. August bei der Maibom-Gruppe eine dreijährige Ausbildung begonnen haben. Nie zuvor in der mehr als 60-jährigen Firmengeschichte (siehe Infobox) haben die Maibom-Chefs so viele neue Lehrlinge auf einmal willkommen geheißen.

Damit kein Missverständnis entsteht: Die 15 jungen Leute werden nicht alle am Standort Wesel zu Mechatronikern beziehungsweise Automobilkaufleuten ausgebildet. Denn die Maibom-Gruppe ist mittlerweile in fünf Kommunen am rechten und linken Niederrhein vertreten (siehe Infobox). Aber alle kamen jetzt zum Ausbildungsstart zu einem gemeinsamen Frühstück in Wesel zusammen, um sich gegenseitig kennenzulernen. Das nächste Mal werden sich alle bei der traditionellen Weihnachtsfeier wiedersehen. Denn die Geschäftsführer Hans-Jürgen und Wolfgang Maibom legen Wert auf eine familiäre Atmosphäre und ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

In Wesel, wo beispielsweise Fahrzeuge der Marken Renault, Dacia, Citroën, Peugeot, Skoda und Opel verkauft und repariert werden, werden neben Jule Hartmann noch drei weitere Azubis zu Automobilkaufleuten ausgebildet. Außerdem erlernen zwei junge Männer hier den Beruf des Kfz-Mechatronikers. Und eine junge Frau wird Kfz-Lackiererin. Das Geschäftsführer-Duo hofft sehr, dass die meisten jungen Leute auch nach Ende ihrer dreijährigen Lehre dem Unternehmen die Treue halten. „Denn das beste Mittel gegen den Facharbeitermangel ist, junge Leute selbst auszubilden“, sagt Hans-Jürgen Maibom.

Um herauszufinden, ob die Bewerberinnen und Bewerber zum Unternehmen passen und den Anforderungen genügen, hat jede und jeder ein ein- bis zweiwöchiges Praktikum bei Maibom absolviert. „Wenn uns die Meister signalisieren, dass die oder der Praktikant zu uns passt und auch Freude an der Tätigkeit hat, laden wir sie zu einem Einstellungstest ein“, erklärt Wolfgang Maibom.

Jule Hartmann hat das Praktikum Anfang des Jahres bei Renault in Wesel absolviert und den anschließenden Einstellungstest problemlos bewältigt. Bei Renault ist sie auch jetzt eingesetzt. „Es macht mir Spaß, mit Kunden zu sprechen und zu telefonieren. Heute habe ich etwas Verwaltungskram erledigt und Kunden, die ihr Auto zur Reparatur abgegeben haben, nach Hause gefahren“, erzählt sie unserer Redaktion. Jule Hartmann hat zwar ein Auto, fährt aber bei gutem Wetter immer nur mit dem Rad zur Arbeit. Weit hat sie es nicht. „Vielleicht einen Kilometer. Viel mehr aber nicht.“

Wenn sie mit Freunden über ihre Ausbildung spricht, dann sagen fast alle: „Das passt zu dir“. Und „ältere Erwachsene“ kündigen an: „Wir kommen und kaufen dann ein Auto bei dir.“ Jule Hartmann weiß, dass das nett gemeint ist. „Es kann aber auch gut sein, dass ich wirklich mal nach der Ausbildung Autos verkaufe. Das würde mir Spaß machen. Außerdem hätte ich nichts dagegen, bei Maibom dauerhaft zu bleiben“, sagt sie. Das werden Hans-Jürgen und Wolfgang Maibom sicher gerne hören.

Während Jule Hartmann als Abiturientin keine größeren Probleme in der Berufsschule haben dürfte, sieht das bei anderen Lehrlingen schon etwas anders aus. „Deshalb machen wir ja nach dem Praktikum auch den Einstellungstest um festzustellen, ob die Bewerber die Anforderungen für die Schule mitbringen“, sagt Wolfgang Maibom. Wobei er und sein Bruder gelegentlich auch eine Ausnahme machen.

So erzählt Hans-Jürgen Maibom von einem Mechatroniker-Azubi mit Migrationshintergrund, der noch Probleme mit der deutschen Sprache hat. „Der Meister hat uns signalisiert, dass der junge Mann handwerklich sehr begabt ist. Wir werden daher dafür sorgen, dass er die entsprechende Hilfe bekommt, um auch schulisch mithalten zu können.“ In Zeiten des Fachkräftemangels müssen sich Ausbildungsbetriebe wie die Firma Maibom also stärker als vielleicht noch in den 80er- und 90er-Jahren um ihre Lehrlinge kümmern, damit am Ende auch willige Bewerber mit Defiziten erfolgreich eine Lehre absolvieren können.