30 Jahre Deutsche Einheit Salzwesel

Wesel/Salzwedel · Vor 30 Jahren wurde Deutschland endlich wieder eine Einheit. Um die neuen Nachbarn kennenzulernen, schlossen Wesel und Salzwedel in der Altmark Freundschaft. Die beiden Bürgermeisterinnen erzählen vom Wert dieser Beziehung.

 Die Hansestädte Wesel und Salzwedel sind seit drei Jahrzehnten partnerschaftlich verbunden.

Die Hansestädte Wesel und Salzwedel sind seit drei Jahrzehnten partnerschaftlich verbunden.

Foto: Schnettler

„Was ich an Salzwedel schätze? Die Menschen sind sehr freundlich. Die Stadt hat noch eine wunderschöne Altstadt mit vielen Fachwerk-Häusern. Die Landschaft lädt ein, zu verweilen. Und nicht zu vergessen ist der hervorragende Baumkuchen.

 Ulrike Westkamp ist Bürgermeisterin von Wesel.

Ulrike Westkamp ist Bürgermeisterin von Wesel.

Foto: Westkamp

Wenn ich auf die Mentalität der Menschen in Salzwedel und Wesel blicke, dann sehe ich zuerst die Gastfreundschaft auf beiden Seiten. Als unterschiedlich empfinde ich, dass die Menschen in Salzwedel direkter in der Ansprache als wir am Niederrhein sind.

Wie in Wesel spielt der Tourismus in Salzwedel eine besondere Rolle. Hier tauschen wir uns aus und lernen voneinander. Gute Ideen sind in der Regel auch 400 Kilometer entfernt noch gute Ideen.

Zwischen vielen Vereinen gibt es enge Beziehungen. Zum Beispiel tauschten sich die Jugendfeuerwehren aus. Gemeinsam besuchten sie ihre Freunde in Felixstowe. Auch Salzwedel hat eine Städtepartnerschaft mit Felixstowe. Die Initiative ging 1994 von Wesel aus. Wir haben also eine Dreierbeziehung. Was im wirklichen Leben selten funktioniert, klappt als Städtepartnerschaft im Dreierbund sehr gut. Darüber hinaus sind Salzwedel und Wesel seit Jahrhunderten Teil der Hanse. Regelmäßig besuchen sich Delegationen zu den Hansefesten. Hier werben die Städte für sich. Und nicht selten kommen Menschen aus Salzwedel nach Wesel, um Urlaub zu machen; genauso umgekehrt.

Wenn ich gefragt werde, ob ich neidisch auf die ostdeutschen Kollegen bin, wenn man die Investments in die Infrastruktur sieht, sage ich klar: Nein. Seit vielen Jahren stärken wir Wesel als Wirtschaftsstandort und haben moderate Steuerhebesätze. Dank des guten Branchenmixes sind wir wirtschaftlich gut aufgestellt. Dadurch können wir viel in unsere Infrastruktur investieren. So beneiden uns viele bundesweit für unser 90 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm in die Weseler Schulen.

Wenn ich an unsere Autobahnen denke, würde ich mir schon eine Aufbauhilfe West wünschen, ja. Wenn ich an viele Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet denke, die sich in einem erheblichen Strukturwandel befinden, ja. Es gibt in Nordrhein-Westfalen nur wenige Kommunen, die keine Schulden haben. Hilfen für die Städte und Gemeinden sind längst überfällig.

Für die Zukunft haben wir in vielen Bereichen erste wichtige Weichen gestellt. Der Breitbandausbau geht weiter voran. Schulen und öffentliche Einrichtungen werden weiter mit modernen Techniklösungen ausgestattet. Dennoch sind wir noch nicht am Ziel. Wir brauchen dringend neue Gewerbeflächen, um unseren Wirtschaftsstandort zu stärken. Wir brauchen die Möglichkeit, nachhaltige Großprojekte umzusetzen. Der 777-Jahre-Wald war ein guter Anfang. Wir suchen weitere Flächen, um neue Bäume zu pflanzen.

Als gemeinsame Ziele von Wesel und Salzwedel nenne ich: Tourismus, Tourismus, Tourismus. Wir tauschen uns aus, um so auch über neue Trends und gute Projekten vieles zu erfahren.“

Ulrike Westkamp

 Sabine Blümel, Bürgermeisterin von Salzwedel.

Sabine Blümel, Bürgermeisterin von Salzwedel.

Foto: Stadt Salzwedel

„Aus der von Wesel eingeleiteten Verwaltungshilfe wurde im Jahr 1990 die Idee einer Städtepartnerschaft. Die Bürgermeister Wilhelm Schneider (Wesel) und Norbert Hundt (Salzwedel) haben diese damals vorgetragen und besiegelt. Es ist eine Partnerschaft, die auf dem hanseatischen Gedanken aufbaut und von vielen verschiedenen Akteuren gelebt wird.

Beispiele sind die Kegler aus Wesel oder der Städtepartnerschaftsverein aus Salzwedel. Da kann ich auch sogleich sagen, was ich an unserer Partnerstadt so schätze: die Verlässlichkeit, die Verbundenheit und die unkomplizierte Art. Verlässlich bereichern Vertreter aus Wesel das Salzwedeler Hansefest. Da zeigt sich auch die Verbundenheit, die uns Hansestädte als gemeinsame Akteure auftreten lässt. Und die unkomplizierte Art des Umgangs miteinander, die deutlich wird, wenn man sich beispielsweise bei den hanseatischen Veranstaltungen oder anderen Anlässen begegnet.

Diese Städtepartnerschaft ist ein Gewinn für beide Städte, erhält man so doch auch einen Einblick in die Befindlichkeiten, Problemlösungen und Zielsetzungen einer Kommune in einem anderen Teil Deutschlands. Daher ist auch die Frage nach konkreten Projekten in meinen Augen nicht zielführend: denn es ist gerade die immaterielle Unterstützung, die einen großen Eckpfeiler der Städtepartnerschaft zwischen Salzwedel und Wesel ausmacht. Vereine, Privatpersonen und natürlich die Verwaltungen tauschen sich aus und erfahren neue Impulse.

Im Jahr 2020 rede ich ungern von „Ostdeutsch“ und „Westdeutsch“. Als Bürgermeisterin einer norddeutschen Kleinstadt bin ich sehr froh, in meiner Amtskollegen Ulrike Westkamp eine Ansprechpartnerin einer niederrheinischen Hansestadt zu haben. Die Investitionen in die neuen Bundesländer waren notwendig, um den wirtschaftlichen Anschluss zu ermöglichen. Diese Wirtschaftsförderung muss nun gesamtdeutsch gedacht und gemacht werden.

Da ist auch eines der Ziele, die in der Hansestadt Salzwedel angepackt werden muss: die Konsolidierung des Haushaltes, um gerade die so wichtigen freiwilligen Leistungen aufrecht zu erhalten. Ein Thema, welches alle Kommunen in Deutschland mehr oder weniger stark beschäftigt und sicherlich auch in Wesel eine Rolle spielt. Da sind innovative und mutige Lösungen gefragt.

Ich persönlich bin sehr dankbar, dass wir den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit feiern können. Vor allem auch, dass dieser gesellschaftliche Umbruch friedlich ablief. Als Bürgermeisterin ist es mein Streben, dass die Hansestadt Salzwedel eine lebenswerte Stadt bleibt, deren Einwohner mit viel Engagement und Heimatliebe ihre Stadt voranbringen.

Die Partnerschaft mit Wesel ist dabei ein schöner und wichtiger Baustein, da er Ideen und frische Ansichten bringen kann. Dafür bin ich Ulrike Westkamp und den Einwohnern von Wesel dankbar und hoffe, dass wir noch viele gemeinsame Jubiläen feiern dürfen.“

Sabine Blümel

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort