Wesel Vierkampf ohne Grüne

Wesel · Kommunalwahl: Mit Wahl-Urteil sind die Karten für 30. August neu gemischt. Ohne Stichwahl verzichten Grüne auf Bürgermeister-Kandidat, Chancen von Bürgermeisterin Westkamp stabilisiert. Alle Koalitionen denkbar.

Die Kommunalwahl darf wie von der CDU/FDP-Regierung geplant am 30. August stattfinden. Der NRW-Verfassungsgerichtshof wies gestern die Klage von SPD und Grünen gegen den Wahltermin ab. Eine zusätzliche Stichwahl für das Bürgermeister-Amt gibt es nicht mehr, die erste Wahl entscheidet über die Besetzung des Spitzenpostens im Rathaus. Das hat Folgen für Wesel, wo das Gerangel der Kandidaten groß und der Ausgang ungewiss wie noch nie ist. Gespannt schauten die Grünen nach Münster. "Wäre die Stichwahl geblieben, hätten wir einen eigenen Kandidaten aufgestellt, ohne ist ein Kandidat nicht mehr so attraktiv", sagte Fraktionssprecher Thomas Koch.

Jamaika wäre denkbar

Dies war bisher offen. Doppelte Folge: Die Chancen von Amtsinhaberin Ulrike Westkamp haben sich ohne Grüne-Widersacher stabilisiert. Zweitens gibt es erstmals in Wesel einen Vierkampf: Herausforderer Ralf Hörsken (CDU) und der liberale Kandidat Marcus Schafaff konkurrieren im bürgerlichen Lager. Ulrich Kuklinksi (Linkspartei) will Hecht im Karpfenteich sein.

Je nach Vorteilslage waren die Kommentare unterschiedlich. SPD-Chef Ludger Hovest sagte: "Ulrike Westkamp wird sich als Bürgermeisterin durchsetzen, und wir werden stärkste Fraktion. Die Grundzufriedenheit in der Stadt ist hoch." Und: "Ich sage der Linkspartei hallo, wenn ich einen von ihr sehe. Mehr Kontakt gibt es nicht."

Ralf Hörsken (CDU), Kandidat mit dem Nachteil des Spätstarters: "Ich bedaure, dass es keine Stichwahl geben wird. Die FDP soll sich entscheiden, ob sie ihren Kandidaten hält und damit Westkamp praktisch stützt." So verhalte sich die FDP vor Ort sozialliberal, während sie bundes- und landesweit Schwarz-Gelb aufgestellt sei. Hörsken: "Meine Hand bleibt ausgestreckt. Aber es ist klar, dass ich Marcus Schafaff, den ich mag, als Kandidat härter angreifen muss."

So wird es auch werden. Denn die Neigung der FDP zu einem Rückzieher ist nicht auszumachen. Fraktionschef Friedrich Eifert: "Die SPD hat bei ihrer Klage wahltaktisch gehandelt und kein gutes Bild abgegeben. Wir halten an Marcus Schafaff fest. Wer hat denn zuerst im bürgerlichen Lager einen Kandidaten aufgestellt?" Er erinnerte daran, "wie das im Rat gelaufen ist mit der Spelmanns-CDU." Das Ziel der FDP sei im August ein zweistelliges Ergebnis — und die Chance, besonders stark bei Stadtentwicklung und Wirtschaft mitzumischen. Von Bürgermeisterin Westkamp fühlt sich die FDP gut behandelt, inhaltliche Schnittmengen zu anderen Fraktionen sind aber größer.

Bemerkenswert: Genau so sehen's die Grünen auch. Koch meinte: "In unserer Mitgliederversammlung in zwei Woche geht es um das Programm. Wir werden sehen, ob wir in einem der großen Partner SPD und CDU jemanden finden, mit dem wir Inhalte umsetzen können. Da zählt die Schnittmenge — dann würden wir zur Koalitionsaussage auch eine Kandidatenaussage treffen." Auch Dreier-Bündnisse — sogar mit der FDP — seien denkbar.

Hörsken umwirbt die Grünen, hatte mit ihnen "vertrauensvolle Gespräche". Koch aber sagt nach dem Wahl-Urteil offen: "Wer ist die neue CDU? Wir haben mehrfach mit Hörsken gesprochen, aber welche alten Kräfte bleiben?" Der Stratege: "Wir Grüne wollen eine gestaltende Mehrheit, dann sind wir voll dabei." Ohne die Linkspartei: Nur gegen Hartz IV zu sein, reiche nicht für Lokalpolitik.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort