Erfolgreiche zweite Auflage Viel Applaus für Wesels Filmfestival

Wesel · Silberne Kopfweiden für Kurzfilme mit Botschaft: Die zweite Auflage des Niederrhein-Filmfestivals im Scala überzeugte mit starkem Kurzfilmen und schönem Ambiente. Mit Werner Hansch kam auch ein Promi zur Ehrung.

 Die Juroren Carla Gottwein, Lars Böhnke und Jan van Gorkum überreichten mit Birgit Nuyken den Preis für Jonatan Schwenks Kurzfilm „Sog“ an Kameramann Iván Robles Mendoza. Rechts im Bild moderiert David Zabel.  Fotos: ms

Die Juroren Carla Gottwein, Lars Böhnke und Jan van Gorkum überreichten mit Birgit Nuyken den Preis für Jonatan Schwenks Kurzfilm „Sog“ an Kameramann Iván Robles Mendoza. Rechts im Bild moderiert David Zabel. Fotos: ms

Foto: Michael Scholten

Kurz, aber oho: Die großen Gewinner des zweiten Niederrhein Filmfestivals im Scala-Kulturspielhaus heißen „Sardinien“, „Sog“ und „Valt en Man uit de Lucht“. Die neun- bis elfminütigen Kurzfilme gewannen in den Kategorien „Niederrhein“, „Deutschland“ und „Niederlande“ die silberne Kopfweide und ein Preisgeld von jeweils 500 Euro.

„Drama, Doku, Animation, Action, Liebe, Sex und ein bisschen Wahnsinn“ versprach Moderator David Zabel dem Publikum zum Auftakt des zweitägigen Filmfestivals im ehemaligen Weseler Kino an der Wilhelmstraße. Er lobte das Engagement des Vereins „Filmkultur am Niederrhein“ und die ehrenamtliche Arbeit aller Organisatoren und Helfer um Festivalleiter Stephan Hanf. Dieser widmete das Festival seinen Großeltern Resi und Kurt Baumgärtner, „in liebevoller Erinnerung“. Die Großmutter, stets verbunden mit der Stadt Wesel, war in der Vorbereitungszeit des Festivals gestorben.

Schon zur Eröffnung am Freitagabend war das Scala, das Moderator David Zabel als „kulturellen Inkubator der Stadt Wesel“ feierte, auffallend gut besucht. Auch am Samstag, dem eigentlichen Wettbewerbstag, mussten von Aufführung zu Aufführung immer mehr Stuhlreihen für die wachsende Zahl an Zuschauern aufgestellt werden. Das Publikum durfte nach jedem zweistündige Block, der bis zu zehn Kurzfilme umfasste, auf einem Wahlzettel den eigenen Favoriten ankreuzen. Ein Höhepunkt waren die kurzen Interviews, die David Zabel amüsant und sprachgewandt mit den angereisten Filmemachern aus Deutschland und den Niederlanden führte. Der lockere Sessel-Plausch brachte erhellende Einsichten in die Kurzfilmbranche, die wenige Geld, aber umso mehr Ideen hat.

Die Fachjury bestand aus Filmemachern, die vor einem Jahr beim ersten Niederrhein Filmfestival Hauptpreise und lobende Erwähnungen bekamen: der Niederländer Jan van Gorkum, der Weseler Lars Böhnke und die Reeserin Carla Gottwein. Das Trio zeichnete drei Kurzfilme mit starker Optik, überraschenden Wendungen und klaren Botschaften aus. Das Kammerspiel „Sardinien“, preisbewusst gedreht in der Wohnung des Regisseurs Alexander Conrads, spielt am Vorabend eines Kumpelurlaubs auf Sardinien. Drei Kondome im Kulturbeutel ihres Freundes lassen die Freundin Verdacht schöpfen, der Liebste könnte sie im Urlaub betrügen. Daraus entbrennt ein ebenso wortreicher wie überflüssiger Kampf, an dessen Ende es nur Verlierer gibt.

„Sog“ ist ein ebenso düsterer wie experimenteller Animationsfilm, mit dem Jonatan Schwenk schon viele internationale Preise abräumen konnte. In einer steinzeitlichen Landschaft fühlen sich pelzige Höhlenbewohner durch das Klagelied der Fische gestört, die in kahlen Bäumen vor der Höhle gestrandet sind. Während die Mehrheit die Eindringlinge mit Gewalt ausmerzen will, merkt nur einer, was die Fische wirklich brauchen. Doch dafür zahlt er einen hohen Preis. In Vertretung für den Regisseur kam Kameramann Iván Robles Mendoza nach Wesel.  Ganz anders als „Sog“ und doch ähnlich greift „Valt en Man uit de Lucht“ das Thema Fremdenfeindlichkeit auf. Die Jury zeichnete Jan Verdijk und Kurt Platzvoet für ihr rabenschwarzes Drama aus, bei dem aus heiterem Himmel ein bärtiger Mann in exotischer Kleidung in den Garten eines Ehepaares fällt. Völlig überfordert, zeigt die Frau noch ein wenig Mitgefühl, während ihr Gatte den Fremden mit allen Mitteln loswerden will. Doch es kommen immer mehr… Jan Verdijk dankte per Videobotschaft für den Preis.

In jeder Kategorie sprach die Jury auch eine lobende Erwähnung aus: Lucas Lemnitzer zeigt mit seiner Krankenhausgeschichte „Aussichten“, dass phantasievolles Erzählen das Sterben erträglicher machen kann. Christian Kaufmann appelliert mit seinem Animationsfilm „Nö!“, niemals aufzugeben. Und Bart Schrijvers „Hou Vast“ schildert die tragische Zufallsbekanntschaft eines in Not geratenen Fensterputzers mit der Bewohnerin eines Hochhauses in Rotterdam. Der undotierte Publikumspreis ging indes an Tim Schijfs Stummfilmkomödie „Screwed“, in der ein fehlender Korkenzieher ein Date in Amsterdam gefährdet.

 Szenenbild aus dem niederländischen Gewinnerfilm „Valt en Man uit de Lucht“.

Szenenbild aus dem niederländischen Gewinnerfilm „Valt en Man uit de Lucht“.

Foto: Michael Scholten
 Weiteres Szenenbild aus Alexander Conrads‘ Kammerspiel-Tragödie „Sardinien“.

Weiteres Szenenbild aus Alexander Conrads‘ Kammerspiel-Tragödie „Sardinien“.

Foto: Michael Scholten

Sportkommentator und Stargast Werner Hansch überreichte die Urkunde für den „demokratisch legitimierten“ Publikumspreis an den Produzenten Marijn Liek. Hansch, „die Stimme Nordrhein-Westfalens“, zollte den Organisatoren des grenzüberschreitenden Filmfestivals höchsten Respekt für ihren ehrenamtlichen Einsatz. Auch Wesels stellvertretende Bürgermeisterin Birgit Nuyken wertete das Festival als „große kulturelle Bereicherung für unsere Stadt“.

(ms)
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