Wesel Todesstiche im Handgemenge

Wesel · Heimtückischen Mord an seinem Vermieter (49) wirft die Staatsanwaltschaft einem Rollstuhlfahrer (40) aus Wesel vor. Der Angeklagte schilderte am ersten Prozesstag in Duisburg einen Angriff des Opfers und beteuerte Notwehr.

Ein offenbar lange schwelender Streit steckte hinter der Bluttat von Blumenkamp, die im Sommer für Schlagzeilen sorgte. Ein 40-jähriger Rollstuhlfahrer, seit Juni in Untersuchungshaft, muss sich seit Dienstag dafür vor dem Schwurgericht in Duisburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm heimtückischen Mord an seinem Vermieter (49) vor. Doch auch Totschlag oder Notwehr kommen fürs Gericht noch in Betracht.

Der Angeklagte, der während der bisherigen Ermittlungen geschwiegen hatte, schilderte jetzt erstmals einen Angriff auf sich und ein Handgemenge, in dessen Verlauf die Messerstiche eher unglücklich zum unmittelbaren Tod seines Gegners führten.

Unfrieden im Haus

Tatsache ist, dass der Vermieter und seine Mieter in dem Haus an der Hamminkelner Landstraße nicht im Frieden lebten. Das für behindertengerechtes Wohnen vorgesehene Gebäude ist bis heute nicht fertig, steht mittlerweile unter Zwangsverwaltung. Als Zeugen berichteten eine Rentnerin (75) und ein weiterer Rollstuhlfahrer (45), beide direkte Wohnungsnachbarn des Angeklagten im ersten Stock, von etlichen Mängeln.

So habe unter anderem der Aufzug lange nicht funktioniert. "Die Kälte macht mich fertig", sagte die 75-Jährige zur aktuellen Heizsituation mit Temperaturen um 15 Grad. Zusagen, sich zu kümmern, habe der als "schnell aufbrausend" beschriebene Vermieter nie eingehalten. Außerdem schilderte der 45-Jährige auch einen tätlichen Angriff des Vermieters gegen sich. Streitobjekt war auch ein Gemeinschaftsraum, für den die Mieter anteilig zahlten, der aber offenbar vom Vermieter "bewohnt" wurde.

In diesem Raum kam es am 14. Juni zur tödlichen Auseinandersetzung. Er habe sich vom 49-Jährigen bedroht gefühlt, sei zurückgewichen und habe ein Messer in die Finger bekommen, so der Angeklagte. Als der Vermieter ihn dann aus dem Rollstuhl hochgezogen habe, sei es dann "passiert". Damit meinte er einen zwölf Zentimeter tiefen Stich in den Bauch.

Im Handgemenge sei er um- und auf sein Opfer gefallen. Dabei beziehungsweise beim Abstützen müsse es noch zweimal "passiert", sein. Wie genau, das wisse er nicht. Von zwei Stichen in den Rücken war einer verhängnisvoll, weil er die Hauptschlagader vier Zentimeter breit öffnete. "Verbluten nach außen und innen", sagte der Rechtsmediziner.

Selbst die Polizei gerufen

Tatsache ist auch, dass der Angeklagt unmittelbar nach der Tat selbst bei der Polizei angerufen hat. "Schönen guten Tag, ich habe soeben eine Mordtat begangen", soll er laut Protokoll gesagt haben. Dazu sollen am Freitag Beamte aussagen. Ebenso wird ein Gutachter gehört. Er soll erläutern, welche Rolle Alkohol und Medikamente spielten. Der Angeklagte ist auf Schmerzmittel angewiesen und will am Tag der Tat zehn Bier getrunken haben.

(RP)
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