Wesel Technik statt Hundertschaft

Wesel · Für Angehörige ist nichts mehr, wie es war, wenn Demenzkranke sich verändern oder plötzlich verschwinden. Für die Polizei sind Suchaktionen wie in Flüren enorm aufwändig. Die Weseler Firma Isis arbeitet an technischen Hilfen.

Der Fall der vermissten Frau aus Flüren ist noch in bester Erinnerung. In der ersten Woche des Jahres hielt die 77-Jährige ihre Angehörigen, die Polizei sowie große Teile der Weseler Bevölkerung durch ihr Verschwinden in Atem und wurde erst nach 22 Stunden gefunden. Nahezu unversehrt. Trotz des glücklichen Endes wirft die Suchaktion auch Fragen auf. Warum verlassen Menschen ihre sichere Umgebung, um offenbar ziellos ihrer Wege zu gehen? Was kann zur Vorbeugung unternommen werden und wie funktioniert die Arbeit der Polizei, wenn der Fall X eingetreten ist? Gibt es technische Lösungen?

Egon Üffing, erster Polizeihauptkommissar und bei der Weseler Polizei der Dezernent für Einsatzangelegenheiten, stuft die Chancen der Vorbeugung als eher gering ein. "Sicherlich können sich die Angehörigen ein wenig auf die Lebensumstände einstellen. Viel mehr ist jedoch nicht möglich", sagt Üffing, der dann erklärt, wie ein Rädchen ins andere greift, wenn eine Vermisstenmeldung bei der Polizei eingegangen ist. "Das unterbricht unseren Alltag und wir stecken unsere ganze Power rein, von der Hundertschaft über die Hundestaffel bis hin zum Hubschrauber", so Üffing und streicht heraus, worauf es bei einer solchen Aktion ankommt. "Wir nehmen sofort Kontakt zu den Angehörigen auf, um möglichst viel über die vermisste Person zu erfahren. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit über die Medien ist wichtig, um Hinweise zu bekommen."

Achterbahn der Gefühle

Im jüngsten Fall vor zehn Tagen durchlebten vor allem die Angehörigen eine Achterbahn der Gefühle. Gudrun Eifert, Vorsitzende des Vereins Zusammen(h)alt, erklärt, dass die Probleme dieser Menschen nicht unterschätzt werden dürfen. "Es ist schwer genug, mit der Diagnose Demenz umzugehen und zu realisieren, wie einschneidend dies sein kann", sagt sie und plädiert dafür, dass die Angehörigen nicht alleine gelassen werden dürfen.

Im Demenz-Café, das die Initiative vor zwei Jahren in Hamminkeln aus der Taufe hob, sind deshalb nicht nur die erkrankten Menschen, sondern auch deren Angehörige gern gesehene Gäste. Außerdem werden Abende organisiert, an denen Betroffene ihre Erfahrungen austauschen können. Gudrun Eifert ist zwar ebenfalls der Auffassung, dass es in Sachen Vorbeugung nur wenige Möglichkeiten gibt.

"Aber mit Gedächtnistraining, Kreuzworträtseln, gemeinsamem Singen oder Spaziergängen sowie dem Festhalten an lieb gewonnenen Traditionen lässt sich das Fortschreiten der Krankheit zumindest verzögern. Und man sollte frühzeitig die entsprechenden Anlaufstellen aufsuchen", erklärt sie.

(RP)
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