Wesel Stromspeicher als grünes Vorzeigeprojekt

Wesel · Lipperandsee nahe am Wesel-Datteln-Kanal: Thyssen Vermögensverwaltung will überschüssigen Strom in Luft verwandeln und unterirdisch lagern. Geeignete Standorte wären Kavernen im Salz. Bürger sollen beteiligt werden.

Am südöstlichen Rand der Stadt Wesel könnte eine Anlage zur Speicherung überschüssiger Strommengen aus Erneuerbaren Energien entstehen. Ein Firmenkonsortium beabsichtigt dafür die unterirdischen Kavernen (Hohlräume) in Salzschichten zwischen Lippe und Wesel-Datteln-Kanal zu nutzen.

Dort führt die K 12 ins Industriegebiet Hünxe-Bucholtwelmen. Auch Voerde ist davon betroffen. Gestern wurden zunächst die Bürgermeister der drei Kommunen sowie Landrat Dr. Ansgar Müller informiert, bevor das Vorhaben öffentlich vorgestellt wurde. Federführend bei dem Vorhaben ist die Thyssen Vermögensverwaltung (TVV), die am Lipperand eine Auskiesung betreibt, zusammen mit der PVG GmbH, die über Know-how aus dem Bergbau verfügt.

Das Projekt in Zeiten der Energiewende steht am Anfang. Als Zeichen, dass größtmögliche Transparenz Maßstab sei, gehe man an die Öffentlichkeit, noch bevor Projektanträge in Reichweite seien, so Dr. Gerd Hagenguth (TVV). Die Technik sei ausgereift, eher sei die Finanzierung des Projekts "im unteren dreistelligen Millionenbereich" das entscheidende Thema, hieß es. Die Akzeptanz-Strategie wird vereinfacht durch die Tatsache, dass es sich um kein gefahrvolles Projekt handelt.

Die gestern genannten Fakten: Die Lage Das Gebiet zwischen Kieswerk an der Lippe und der Brücke nach Bucholtwelmen ist genehmigte Auskiesungsfläche von TVV, würde also irgendwann verschwinden. Im Untergrund sind große Salzschichten. Es gibt hier bereits 80 Tiefenbohrungen aus alten Bergbau-Vorhaben, die nun verfeinert werden müssen. Leitungen zum RWE-Umspannwerk Obrighoven sind ganz nah, neue Trassen sind nicht erforderlich.

Die Technik Im Salz in 900 bis 1100 Meter Tiefe werden drei Kavernen ausgespült. Die Hohlräume sind 100 Meter hoch, 80 Meter breit und fassen 500 000 Kubikmeter. Oberirdisch steht ein Kompressoren- und Generatorenhaus mit einem 20 Meter hohen Schornstein (Flächenverbrauch: vier Fußballfelder). Unter Erdgaseinsatz wird Strom in das Speichermedium "Druckluft" verwandelt, eingelagert, treibt bei Bedarf eine Turbine an und wird so wieder in Energie zurückverwandelt. Kavernen-Nutzung — beispielsweise seit Jahrzehnten im Salz unter Xanten — gilt als gängige Methode.

"Der Speicherbetrieb ist geräuscharm und geruchlos", sagt Hagenguth. Deutschlands einziger Strom-Vergleichsspeicher funktioniert im niedersächsischen Huntorf. "Es gibt keine technischen Gefahren", fügt Experte Markus Stöwer hinzu.

Die Wirkung Mit dem grünen Vorzeigeprojekt würde die Region einen Energiespeicher erhalten, der Versorgungsengpässe verhindert. Bei der Energiewende besteht flächendeckend die Problematik, dass es an Speichermöglichkeiten fehlt, wenn Sonnenenergie und Windkraft weit über den Verbrauch hinaus Strom produzieren. Der Stromspeicher an der Lippe leistet 110 Megawatt für 72 Stunden. Damit, so Dr. Hagenguth, könnte der Leistungsbedarf im Kreis Wesel für Privathaushalte und Gewerbe — ohne die Alu-Hütte in Voerde — für 36 Stunden komplett gedeckt werden. Damit wäre das Stromlager ein Sicherheitspuffer.

Der Stand der Dinge Von Bauanträgen ist man weit entfernt. Bis vier Jahre sollen weitere Erkundungen und Untersuchungen — unter anderem mit einem Vibrations-Lkw — dauern. Die Inbetriebnahme ist in zehn Jahren denkbar. Die Stromspeicherstätte soll eine Laufzeit von 40 Jahren haben. Im Verfahren sicherte gestern der Landrat Unterstützung zu. Entscheidend ist aber die Bergbehörde Arnsberg.

Wirtschaftliche Auswirkungen Die Zahl der Arbeitsplätze ist minimal, interessant für Wesel wären die Steuereinnahmen. Zudem sollen Aufträge in der Region bleiben. Kommen die Kavernen-Speicher nicht, wird ausgekiest.

Bürgertelefon unter der kostenfreien Rufnummer 0800 7240649 (Mo-Fr. 10-16 Uhr); Infos auch im Internet: www.energiespeicher-niederrhein.de

(RP)
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