Wesel So werden die 50er Jahre wieder schön

Wesel · Erfolgsmodell Fassadenprogramm: Mehr als 90 private Eigentümer haben sich beraten lassen. 28 stellten Anträge, von denen einige schon umgesetzt worden. Ergebnisse zeigen, wie gute Nachkriegsarchitektur gekonnt aufgefrischt wird.

 Nicole Ruthert, Ulrike Westkamp, Eva Christine Albrecht und Heinrich Hendrix (v.l.) vor der gleichfalls beispielhaft restaurierten Fassade Franz-Etzel-Platz 4.

Nicole Ruthert, Ulrike Westkamp, Eva Christine Albrecht und Heinrich Hendrix (v.l.) vor der gleichfalls beispielhaft restaurierten Fassade Franz-Etzel-Platz 4.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Erst den öffentlichen Raum aufwerten und dann die privaten Eigentümer mit Fördermitteln zu Investitionen in die Gebäudeoptik motivieren: Diese Rechnung scheint in Wesel gut aufzugehen. Das Fassadenprogramm (siehe Info-Box) zeigt Wirkung. Wobei man allerdings sehr genau hinschauen oder ein gutes Gedächtnis haben muss. An den bislang verschönerten Häuserfronten fällt erst auf den zweiten Blick auf, was daran anders ist. Genau das ist die Kunst. "Nicht kaputtsanieren, sondern gute Werte erhalten. Das schlichte Ergebnis ist das Ziel", sagten Eva Christine Albrecht und Heinrich Hendrix vom Duisburger Architekturbüro StadtLandNet, die als Berater fungieren. Mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Nicole Ruthert (Fachbereich Stadtentwicklung) steuerten sie gestern Beispiele für die stilsichere Rettung guter Architektur an.

Am Franz-Etzel-Platz 4 steht ein Haus von 1955 aus der Feder des Weseler Architekten Werner Brücker. Am Erdgeschoss ist noch was zu tun, aber darüber ist schon was passiert. Die Fassade aus Back- und Naturstein ist gereinigt, die Schäden an den filigranen Balkonen im französischen Stil sind behutsam behoben, ohne die Betonelemente unschön zu verstärken. Auch die Blechabdeckungen haben ihren feinen Charakter behalten. Architektin Albrecht spricht von einem überaus wertvollen Stück Weseler Nachkriegsarchitektur.

Auf dem Weg zum nächsten Beispiel lassen sich in der Wilhelmstraße ebenfalls Häuser besichtigen, deren Fronten durch neue Farbe und fachkundige Reinigung gewonnen haben. Etwa das ehemalige Scala-Kino. An der Poppelbaumstraße angekommen, zeigt sich besonders auf Distanz die Qualität des heute in Privatbesitz befindlichen DGB-Hauses von 1955 (Architekt Paul Perin, Düsseldorf). Dort sind es die gereinigten Natursteinelemente und besonders die neue Eingangssituation, die ins Auge fallen. Die nach modernsten Methoden gedämmte Tür ist neu, sieht aber nicht so aus. Die Profile der Spezialanfertigung sind so dünn und der Griff so 50er-Jahre-typisch wie möglich. "Es gibt keine hässliche Silikonkante, die glänzt", sagt Albrecht und verweist auf eine versteckte Abdichtung am Rand.

Auch an den Häusern von Ron Koster am Kurfürstenring 3 und 5 - Baujahr etwa 1908 (Architekt unbekannt) und 1950 (Theo Winterhoff, Wesel) ist im Detail mehr passiert, als der Eindruck frischer Farbe allein vermittelt. Sie wirken trotz unterschiedlicher Stile wie aus einem Guss. Der in den 80er Jahren stabilisierte Erker am Altbau hat durch helles Grau an Dominanz verloren. Passender ist zudem ein schmalerer Sockel, der am Neubau schwarze Fliesen abgelöst hat. Geblieben ist ums Eck an der Gantesweilerstraße ein Mosaik, das ganze Generationen von Weseler Kindern kennen. Es zeigt "Hans im Glück" und gehörte zu einer ganzen Reihe von Deko-Motiven an der früheren Praxis der Kinderärztin Dr. Irmgard Schmidt

Nachahmer sind im Rathaus willkommen. Nicole Ruthert hilft weiter unter Tel. 0281 2032324.

(RP)
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