Karfreitag in Coronazeiten in Marienthal Unterwegs auf dem digitalen Jugendkreuzweg

WESEL/MARIENTHAL · Erstmals musste der Jugendkreuzweg am Karfreitag ausfallen. Als kleinen Ersatz gab es eine digitale Variante. Es zeigt sich, auch so kann man sich mit anderen verbunden fühlen.

 Die Klosterkirche war zum Gebet geöffnet. Das wurde auch genutzt.

Die Klosterkirche war zum Gebet geöffnet. Das wurde auch genutzt.

Foto: Latzel

Das große Problem ist ein logistisches: Wie geht es später von der Klosterkirche in Marienthal wieder zurück nach Hause? Normalerweise ist alles ganz einfach. Alle marschieren zu Fuß von Wesel die 13 Kilometer in den kleinen Hamminkelner Ortsteil. Zurück in die Gemeinden geht es bequem per Bus. Doch in Zeiten von Corona ist der Kreuzweg offiziell abgesagt, die Busse abbestellt. Und beide Strecken zu laufen, ist selbst am Karfreitag ein zu großes Opfer.

Also wird die praktische Variante gewählt: Es geht mit dem Auto nach Marienthal, von dort wollen wir uns an Ort und Stelle eine passende Route für den ganz persönlichen Kreuzweg suchen. Schließlich geht es ja nicht um Selbstkasteiung, sondern darum, zumindest etwas davon mitzuerleben, was sonst immer den Karfreitag prägt. Und in Zeiten von Corona ist es dann auch okay, wenn der Kreuzweg nicht schon um fünf Uhr morgens startet, sondern erst um 8 Uhr wenn die Sonne bereits am Himmel steht.

 Auch das gehört beim Kreuzweg dazu, ein kurzer Zwischenstopp.

Auch das gehört beim Kreuzweg dazu, ein kurzer Zwischenstopp.

Foto: Latzel

Ohnehin sind die Bedingungen optimal. Kein Schneesturm, kein Regen, keine Minustemperaturen – das alles hat es in den vergangenen 40 Jahren schon gegeben. Nur dass der Jugendkreuzweg ausfiel, das gab es noch nie. Organisator Markus Zimmermann hat daher im Vorfeld aus Texten, Bildern und Musik zusammen mit seiner Frau Maike ein Video geschnitten. Ein digitaler Kreuzweg quasi für die Hosentasche. Denn der Beitrag dazu kann per Handy abgerufen werden. Es geht um „Icons“, um die Verbindung von klassischen Ikonen und den modernen Icons der digitalen Welt.

 Ganz neuer Blick auf die Klosterkirche in Marienthal.

Ganz neuer Blick auf die Klosterkirche in Marienthal.

Foto: Latzel

Irgendwie ist es schon ein komisches Gefühl, am Parkplatz in Marienthal das Video zu starten und einer Stimme in der Hosentasche zu folgen. Denn das Handy ist wieder in die Jacke gewandert, damit die Hände beim Kreuzweg frei sind. Statt der Strecke von Wesel nach Marienthal geht es jetzt über einen kleinen Fußweg an der Kirche vorbei Richtung freiem Feld. „Balladenwanderweg“ steht auf einer Hinweistafel zu der Strecke. Passt irgendwie auch zum Karfreitag. Schüler der Gesamtschule Schermbeck haben den Weg gestaltet. Doch diesmal geht es nicht um die verschiedenen Etappen, die die Jugendlichen erarbeitet haben, sondern um die sieben Stationen, die Markus Zimmermann auf Video gebannt hat. Sieben Stationen Jesu auf seinem Leidenweg. Sieben Stationen, die durch die Verbindung von Ikonen und Icons vom damals ins heute transportiert werden.

80 mal ist das Video zu der Zeit bereits aufgerufen worden. Auch wenn wir nur zu zweit unterwegs sind, sorgt das für das Gefühl, auch jetzt mit anderen verbunden zu sein. Später hören wir, dass sich tatsächlich doch eine ganze Reihe auf den Weg gemacht hat. Ein Ehepaar fuhr mit dem Fahrrad, andere ließen sich abholen, eine Familie war besonders erfinderisch und packte sich Inliner in die Rucksäcke. So ging es auf Rollen von Marienthal zurück.

Auch wenn der Kreuzweg heute eine andere Strecke hat, es ist eben immer noch der Kreuzweg. Erfreulicherweise ist die Klosterkapelle tatsächlich geöffnet. Als Ziel und Abschluss des digitalen Kreuzwegs quasi. Eine Mutter mit ihrem Kind ist gerade da und betet, auch ein älterer Pfadfinder aus Wesel kommt. Es sei für ihn klar gewesen, auch in Coronazeiten den Kreuzweg zu gehen. Das gehöre für ihn dazu. Wie kommt er zurück? „Ich lasse mich von meiner Frau abholen, beide Strecken sind mir dann doch zu weit“, sagt er lachend.

Eine Ikone beim digitalen Kreuzweg symbolisiert das Sterben Jesu. Was gibt dir Hoffnung, wenn sich dein Leben gerade nach „Power off“ anfühlt?, heißt es dazu. Eine Frage, die ungewollt auch Bezug zur momentanen Corona-Ausnahmesituation hat. Die wird sonst nur im abschließenden Satz von Markus Zimmermann thematisiert. Er freue sich darauf, alle im kommenden Jahre wiederzusehen: „Bleibt gesund“, wünscht er am Ende des Videos.

Mit diesem Wunsch ist er nicht alleine.

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