Wesel Siegreich mit Experiment

Wesel · Musik- und Kunstschule präsentierte ihre Besten. Bundespreisträger-Konzert 2008 „Jugend musiziert“ mit überraschenden Beiträgen: Dichtkunst und Musik als Performance inszeniert. Und: erstmals gibt es in Wesel einen Begabten-Fonds.

Ein Türrahmen, Tafel und Kreide, dazu die ungewöhnliche Instrumentalgruppe Cello, Flügel, Violine und Stabspiele auf der Musikschulbühne weckten am Sonntag beim Bundespreisträger-Konzert „Jugend musiziert“ interessierte Erwartungen. Diesmal kein klassisches Kammerkonzert? Beim diesjährigen Wettbewerb hatte sich in der Tat das Quartett Lisa Mersmann (Cello), Friederike Krug (Klavier), Moritz Knapp (Schlagwerk) mit Lasse Opriel (Violine) aus Moers in der Kategorie „Neue Musik in besonderen Besetzungen“ zu bewähren. Dass dies am Donnerstag in der Kongresshalle Saarbrücken großartig gelungen sein muss, erwies nicht nur die Wertung mit 24 Punkten (1.Preis). Ein regelrechtes Hörerlebnis fürs heimische Publikum wurde mit dem Werk „Hommage à Celan“ aus der Feder des zeitgenössischen Komponisten, Gymnasiallehrers und Dozenten Bernd Hänschke (Moers) inszeniert.

Ihm sei es nicht um Vertonung eines Celan-Gedichtes gegangen, vielmehr um musikalische Entsprechungen zur Symbolik, Sprache und Struktur des Dichters, erläuterte Hänschke. Dichtkunst und Musik, als Performance inszeniert, ist im Rahmen der Preisträgerkonzerte ein echtes Novum. Das Quartett umrahmte die Komposition mit Celan-Versen. Viele kleine experimentelle Motive, scheinbar zusammenhangslose Klangfetzen, nur gehalten von der Rhythmus-Klammer, setzten die vier durch bestens ausgeklügelte Übergänge, sorgfältig aufeinander lauschend, in einen wunderbar gewachsenen Kontext.

Trio leitete Konzert ein

Technisch versiert alle vier, begeisterte das Klavier gleich einem perpetuum mobile mit virtuosen Tonumspielungen. Über die Marimba wirbelten die Mallets, so dass Einzeltöne kunstgerecht zu sphärischen Klangwellen verschmolzen. Ein Dröhnen und Summen in Harmonie mit dem Cello entstand, die Violine setzte zwischen die atonalen Klanggebilde Fetzen klagender jüdischer Melodiebausteine. Eine sehr reizvolle Sache, bisweilen schillernd vor Verträumtheit und verzerrt von Leidenschaftlichkeit.

Eingeleitet hatte das Konzert das um eine Altersgruppe jüngere Trio mit Julia Graebe (Klarinette), Thomas Walter (Cello) und Nadja Bobrova (Klavier) – mit 22 Punkten (2.Preis) in Saarbrücken dabei. Ihr Stück, Robert Delanoffs „Trio“, enthielt unter anderem ein ganz bezauberndes, sensibel angegangenes Nocturne, angeleuchtet von zarten Klavierakkorden, beinah träge dahinfließend, ohne je den Spannungsbogen aufzugeben, das abgelöst wurde vom vor Elan vibrierenden Scherzo. Da freut man sich auf mehr.

Beide Ensembles nahmen in der Aula langen, verdienten Applaus entgegen.

(RP)
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