Hamminkeln/Wesel "Schule im Aufbruch" will besser lernen

Hamminkeln/Wesel · Sozialarbeiter Jörg Knüfken und Lehrerin Christiane Rau machen sich für ein pädagogisches Modell aus Berlin stark.

 Christiane Rau und Jörg Knüfken finden Schule, wie man sie hier landläufig kennt, nicht mehr zeitgemäß.

Christiane Rau und Jörg Knüfken finden Schule, wie man sie hier landläufig kennt, nicht mehr zeitgemäß.

Foto: Ekkehart Malz

Die Sommerferien sind ganz nah. Freitag gibt's Zeugnisse. Nicht für alle Schüler eine gute Aussicht. Auch nicht für Jörg Knüfken (46), Sozialarbeiter an der Heinrich-Meyers-Hauptschule. Zur Schule, wie man sie landläufig kennt, hat er eine klare Meinung: "Nicht mehr zeitgemäß. Noten gehören abgeschafft. Wer blüht schon auf, wenn er ständig nur unter Druck steht?" Knüfken hat eine Idee, wie es anders besser geht.

Die Ev. Schule Berlin Zentrum beweise das eindrucksvoll. Die zieht mit dem Pilotprojekt "Schule im Aufbruch" durchs ganze Land und will die Bildungslandschaft nachhaltig verändern. Knüfken ist fest davon überzeugt, dass die "Revolution im System" gelingen kann. Und eine, die drin steckt, ist längst aufgebrochen. Christiane Rau, Englisch-und Erdkunde-Lehrerin an der Realschule Mitte in Wesel. Ihre Erfahrungen mit neuen Wegen machen der Pädagogin Mut.

Christiane Rau hat die Berliner Gemeinschaftsschule besucht und war begeistert, "mit welchem Selbstbewusstsein die Schüler das Lernen an ihrer Schule vorgestellt haben". Der Impuls war so stark, dass die Lehrerin aus Wesel den Entschluss fasste, auch in ihrem Unterricht zu neuen Ufern aufzubrechen.

Der Umbruch liegt drei Jahre zurück. Die Maxime im Pädagogensprech: "Räume schaffen, damit Schüler selbstbestimmt ihre Potenziale entfalten können." Gemeint ist ein radikaler Rollenwechsel. Die Wissende, die vor der Klasse den Stoff präsentiert, der dann in der Klassenarbeit abgefragt wird, war gestern. Heute ist sie "Begleiterin". Es gehe darum, den Schülern Verantwortung fürs Lernen zu übertragen. Sie sollen Pensum, Ort und Tempo beim Lernen selbst bestimmen. In wechselnden Kleingruppen, einzeln oder im Dialog mit Lehrern. "Ich habe gelernt, dass ich loslassen muss", sagt Christiane Rau. Es geht. Gut sogar, findet sie. Der 90-Minuten-Block an ihrer Schule sei "ein Glück".

Die neue Rolle fordere sie "weit mehr als herkömmlicher Unterricht", so Rau. In Erdkunde hat sie's mal gewagt. "Am Ende wussten alle, was man unter Agrobusiness in den USA versteht", sagt sie. "Das hätte im herkömmlichen Unterricht nie funktioniert". In Englisch sei sie wie weitere Kollegen an der Schule seit drei Jahren "im Aufbruch". Die ersten Schüler, die so Englisch gelernt haben, hätten nun die mittlere Reife. Viele mit Qualifikation fürs Gymnasium. Ihre ehemalige Lehrerin ist überzeugt, dass sie gut gerüstet sind.

Die Regionalgruppe "Schule im Aufbruch" trifft sich heute, 18 Uhr im "Treffpunkt Altstadt" in Dorsten, Auf der Bovenhorst www-schule-im-aufbruch.de

(RP)
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