Wesel "Schreibe, wie du sprichst"

Wesel · Zugegeben, in seiner Geburtsstadt ist Konrad Duden eher eine Randfigur. Namensgeber fürs Gymnasium in der Feldmark und fürs Hotel in seinem Lackhausener Geburtshaus, geehrt mit einem kleinen Denkmal am Straßenrand, gehegt und gepflegt mit wertvollen Dokumenten im Stadtarchiv – das war's.

Wesel: "Schreibe, wie du sprichst"
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Zugegeben, in seiner Geburtsstadt ist Konrad Duden eher eine Randfigur. Namensgeber fürs Gymnasium in der Feldmark und fürs Hotel in seinem Lackhausener Geburtshaus, geehrt mit einem kleinen Denkmal am Straßenrand, gehegt und gepflegt mit wertvollen Dokumenten im Stadtarchiv — das war's.

Doch Konrad Duden, dessen 100. Todestag gerade begangen wurde, ist die bekannteste Person, die Wesel zu bieten. In Deutschland und weit darüber hinaus. Seine Lebensleistung ist die Vereinheitlichung der deutschen Schriftsprache und der "Duden", den jeder zur Hand nimmt, wenn es um die korrekte Rechtschreibung geht. Das macht ihn zu einer Berühmtheit — bis heute.

Bis zum Abi in der Stadt

1829 geboren verbrachte er seine Jugend in Wesel. Hier machte der Hochtalentierte und Geförderte sein Abitur, bevor er in Bonn Philologie studierte, dann Haus-, später Gymnasiallehrer, in Thüringen Gymnasialdirektor wurde. 1872 veröffentlichte Konrad Duden seine Schrift "Die deutsche Rechtschreibung". Der berühmte "Duden" erschien 1880 mit 187 Druckseiten. Heute ist das Buch ein dicker Wälzer — Beispiel 25. Auflage 2009: 135 000 Stichwörter auf über 1200 Seiten. Dudens Wörterbuch hat Weltkriege überlebt und ein politisches System, die DDR. Das nutzte auch den Duden, in der DDR-Variante fehlte bezeichnenderweise das Wort "Weltreise".

Auch heute ist mitunter Streitpunkt, welche Begriffe neu in den "Duden" gehören, welche sich als veraltet verabschieden müssen und wie stark das Regelwerk den sprachlichen und gesellschaftlichen Wandel spiegeln soll. Kleine Kostprobe der Neuankömmlinge: "Sudoku", "Saalwette", "Hybridauto", "Abwrackprämie", "fremdschämen", das stilistisch eher zweifelhafte "austicken" oder "twittern" aus dem Online-Zeitalter.

Davon hat Konrad Duden nicht träumen können, dessen Name für das Standardwerk in charakteristischem Gelb steht. Er machte sich im Gefolge der deutschen Reichsgründung 1871 ans Werk, mit der politischen auch die sprachliche Kleinstaaterei zu beenden — also das zerklüftete deutsche Sprachgebiet zu vereinheitlichen. Der staatlichen Reform hat er eine kommunikationsstrategische beigegeben, würde man heute sagen. Es gab zu jener Zeit einen unübersichtlichen Gebrauch der Schriftsprache — unterschiedlich von Druckerei zu Druckerei, von Schule zu Schule. Der gebürtige Weseler baute bei seinem Reformwerk auf Ansätzen im "Grammatisch-kritischen Wörterbuch" von Johann Christoph Adelung (1801) auf. Dudens Grundsatz: "Schreibe, wie du sprichst."

Er hatte radikale Vorstellungen, etwa die Abschaffung der Großschreibung, was bis heute nicht erfolgte. Duden musste kleine Schritte gehen, anfangs mit der Abschaffung von Parallelschreibungen (Canal — Kanal, Cöln — Köln) oder dem Aus fürs"th" (Thür). Sein Erfolg hat auch mit Reichskanzler Bismarck zu tun. Der verbot den Behörden bei Strafe, die damals von anderer Seite vorgeschlagenen preußischen Schreibregeln zu benutzen. Dieses Verbot wurde in der Praxis umgangen, in dem man Dudens Regeln folgte. Sein Werk ist bis heute legendär. Duden ist und bleibt berühmt — eben einer "Unserer Besten".

(RP/rl)
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