Wesel Schill-Offizier Zaremba in neuem Licht

Wesel · Als Sensation wertet die Historische Vereinigung einen Zufallsfund aus einem ganz besonderen Poesiealbum. Die Eintragung von 1811 ist die bislang einzige Hinterlassenschaft des von Napoleon begnadigten Johann Zaremba.

 "Wenn Sie dann und wann einige Augenblicke dem Andenken Ihrer Freunde widmen, so übergehen Sie auch den nicht, in dessen Herzen die Erinnerung nur mit seinem Tode ausgelöscht wird", schließt Zarembas Eintrag.

"Wenn Sie dann und wann einige Augenblicke dem Andenken Ihrer Freunde widmen, so übergehen Sie auch den nicht, in dessen Herzen die Erinnerung nur mit seinem Tode ausgelöscht wird", schließt Zarembas Eintrag.

Foto: Ekkehart Malz

Wedell, Gabain, Flemming, Keffenbrink ... Die Namen der im Schillviertel mit Straßen verewigten Offiziere sind bekannt. Elf waren es, die am 16. September 1809 auf Befehl Napoleons als "Straßenräuber" auf den Lippewiesen hingerichtet wurden. Sie wurden damit zu preußischen Helden. Was aber ist mit Zaremba, dem Zwölften? Er saß mit ihnen in Wesel in französischer Haft, wurde aber vom großen Korsen begnadigt.

Geschichtsforscher wissen zwar etwas über ihn, aber von ihm gab es nichts. Bislang, denn Werner Köhler von der Historischen Vereinigung Wesel und Stadtarchivar Dr. Martin Roelen präsentierten das erste aufgetauchte Schriftstück von Johann Zaremba. Und das auch noch mit Bezug zu seinem in Wesel erlittenen Schicksal. Es ist ein Eintrag im Poesiealbum der Sophie Caroline Charlotte Lisette Richter. Die Entdeckung und die damit verbundenen Familiengeschichten bieten Stoff für ganz neue Betrachtungen und Forschungen.

Zunächst zu Zaremba: Er kam seinerzeit mit dem Leben davon, weil die anderen elf Offiziere im Prozess erklärten, ihn nicht zu kennen. Während sie erschossen wurden, blieb der Zwölfte bis zu seiner Begnadigung 1811 in Wesel unter Verschluss. Oft hieß es, Zaremba habe Wesel dann im Groll verlassen. Sophie Richters Poesiealbum spricht eine andere Sprache. Da heißt es unter anderem: "... aber mein dankbares Herz bleibt an einem Orte, wo mir bei vielen Leiden das Glück wurde, eine so theilnehmende Freundinn zu finden." Die Zeilen schrieb er am 10. November 1811. Am nächsten Tag verließ er die Stadt, und man hat nie mehr etwas von ihm gehört.

Sophie Richter, 1777 in Methler geboren und 1864 in Gahlen gestorben, entstammte der Industriellenfamilie Krupp. In Wesel war sie mit dem Weinhändler Johann Richter verheiratet und offenbar eine Unterstützerin Zarembas. Das Poesiealbum (zwei Bände) und ein Stammbuch sind ein wahrer Schatz. Hunderte von Einträge geben Einblicke in das Denken der Zeit. Viele sind mit Zeichnungen versehen. Viele stammen von Weselern, fast alle legen Zeugnis davon ab, in welch gehobenen Kreisen sich die Richters bewegten. Monjé, Carp, Westermann, Kehl, Grillo und auch die katholische Familie von Othegraven, zu deren Verwandschaft die Jauchs zählen, taucht im Buch der lutherisch vernetzten Richters auf. Ebenso vertreten ist die Familie der Kochbuchschreiberin Davidis.

Mit den Funden hat sich Stadtarchivar Roelen ausgiebig befasst und Kopien gefertigt. Die Originale bleiben im Besitz von Almuth Höhn aus Horn-Bad Meinberg. Sie ist die Enkelin einer Tochter von Hermann Richter jun., der 1883 bis 1913 Nachfolger seines Vaters als Pfarrer in Gahlen war. Die Zaremba-Geschichte kam verschlungen in Fahrt durch eine Anfrage von Uta Angelika Landau (München), wie Höhn eine Richter-Enkelin, was beide bislang nicht wussten ...

(RP)
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