Thema im Bauausschuss Schermbecks Stadtmauer wird saniert

Schermbeck · Ein Zuwendungsantrag aus dem Denkmalförderungsprogramm 2020 wurde positiv beschieden. Die Gemeinde will die Arbeiten nun zeitnah ausschreiben. Noch in diesem Jahr sollen die Sanierungsarbeiten beginnen.

 Henrik Feltmans Stich aus der Zeit zwischen 1660 und 1669 zeigt den Verlauf der Stadtmauer auf der Südseite der befestigten Stadt Schermbeck.

Henrik Feltmans Stich aus der Zeit zwischen 1660 und 1669 zeigt den Verlauf der Stadtmauer auf der Südseite der befestigten Stadt Schermbeck.

Foto: Helmut Scheffler

Der Zahn der Zeit macht auch vor der Schermbecker Stadtmauer nicht halt. Sie soll jetzt aufwendig saniert werden. Angestrebt wird eine Projektdurchführung noch vor dem Winter, wie einer Mitteilungsvorlage für die nächste Sitzung des Bau- und Liegenschaftsausschusses zu entnehmen ist.

Als die Stadtmauer im Bereich Zum Bleichwall im Jahr 2018 von Efeubewuchs befreit wurde, gab es die Vermutung, dass die Mauer einsturzgefährdet sein könnte. Diese Vermutung bestätigte sich bei weiteren Untersuchungen. Noch bevor man nach intensiven Beratungen mit dem Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland Sanierungsarbeiten durchführen konnte, stürzte ein Teil der Mauer ein. Die Gemeinde stellte daraufhin einen Zuwendungsantrag aus dem Denkmalförderungsprogramm 2020, der positive Bescheid über 39.000 Euro ging am 23. März bei der Gemeinde ein. Da das Geld aber erst zum Haushaltsjahr 2022 ausgezahlt wird, die Gemeinde aber im Haushalt 2020 für diese Maßnahme 85.000 Euro eingestellt hatte, sollen die Sanierungsarbeiten zeitnah ausgeschrieben und durchgeführt werden.

 Am Südrand des Parkplatzes in der Straße Zum Bleichwall befindet sich ein Teil der ehemaligen Stadtmauer. Der rechte Teil ist eingestürzt und soll noch in diesem Jahr erneuert werden.

Am Südrand des Parkplatzes in der Straße Zum Bleichwall befindet sich ein Teil der ehemaligen Stadtmauer. Der rechte Teil ist eingestürzt und soll noch in diesem Jahr erneuert werden.

Foto: Helmut Scheffler

Die Investition trägt dazu bei, dass ein rund 600 Jahre altes Bauwerk für die Nachwelt erhalten bleibt und dadurch an jene Zeit erinnert, als Schermbeck noch komplett von einer Befestigungsanlage umgeben war. Das Bauwerk ist im Verein mit der Burg ein Zeugnis für die Siedlungs-, Territorial-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte im rechtsrheinischen-westfälischen Raum sowie für die Entwicklung der Stadtplanung und des Befestigungsbaues im Spätmittelalter.

Wer heute vom Rathaus über die Mittelstraße in Richtung Ludgeruskirche fährt, kann sich kaum noch vorstellen, dass sich Durchreisende vor einem halben Jahrtausend an einem Stadttor ausweisen mussten, bevor sie ihre Reise fortsetzen konnten. Auch in umgekehrter Richtung verhinderte ein Stadttor den freien Zugang. An die beiden Tore erinnern noch heute die Straßenbezeichnungen Mühlentor und Steintor. Sie waren Teil einer Befestigungsanlage, die – zusammen mit der Burg – der Bevölkerung vor allem in kriegerischen Zeiten Schutz bot.

 Die älteste bislang bekannte kartografische Darstellung der Schermbecker Befestigungsanlage findet man auf einer Karte aus dem Jahre 1640, die sich im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf befindet.

Die älteste bislang bekannte kartografische Darstellung der Schermbecker Befestigungsanlage findet man auf einer Karte aus dem Jahre 1640, die sich im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf befindet.

Foto: Helmut Scheffler

Die Grafen von Kleve hatten um 1300 ihre Machtstellung so weit gefestigt, dass sie zum Schutz ihrer Grenze eine Burg errichten konnten, die sie mit bewaffneten Burgmannen und Burgleuten besetzen. „Die Burg Schermbeck ist seit etwa 1350 Amtssitz der Drosten und Amtmänner gewesen und bis Mitte des 17. Jahrhunderts geblieben“, stellte der Brichter Heimatforscher Arnold Maas in den 1970er Jahren fest.

Zwischen 1415 und 1420 ließ der klevische Herzog Adolf Schermbeck befestigen. Der Ort, dem etwa 1417 von Herzog Adolf die Stadtrechte verliehen wurden, erhielt eine Stadtmauer, die über zwei Stadttore und acht Türme verfügte. In Egbert Hopps Buch „Kurtze Beschreibung deß Landes sampt angehenckter Genealogioe der Graffen und Hertzogen zu Cleve...“ aus dem Jahre 1655 fand Maas einen Hinweis auf die Burg und die Stadtmauer.

Die älteste bislang bekannte kartografische Darstellung der Befestigungsanlage fand ein Dammer Heimatforscher 1979 im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. Diese Karte aus dem Jahre 1640 zeigt das „Ampthuis“ (Burg) mit dem „Borg Graben“ und einem äußeren „Wall“, außerdem die Stadtmauer mit einem vorgelagerten „Wasser Graben“ und dem „Stadtwall“.

Noch anschaulicher wird die Befestigungsanlage beim Blick auf einen Stich, der in verschiedenen Publikationen noch immer unter der Bezeichnung „Schermbeck um 1700“ abgedruckt wird, obwohl seit mindestens 1987 bekannt ist, dass der Stich von Henrik Feltman zwischen 1660 und 1669 entstanden sein muss.

Burg und Stadtmauer haben während einiger Stadtbrände fast gar nicht gelitten. Beim Stadtbrand am 14. August 1424 oder 1425 soll laut Übersetzung einer lateinischen Inschrift am Tage vor dem Feste Himmelfahrt „die Stadt Schermbeck besetzt und ganz mit Kirche und Burg in Brand“ gesteckt worden sein. Beim zweiten Stadtbrand im Sommer 1483 wurde die Burg nicht zerstört. Aus der Tatsache, dass in zwei Bittschriften aus den Jahren 1640 und 1641 in der Liste der 65 beschädigten Häuser die Burg fehlt, kann man schließen, dass die Burg beim dritten Stadtbrand am 28. Juni 1640 nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die beiden Stadttore hatten hingegen sehr gelitten. Beim vierten Stadtbrand am 29. September 1742 tauchen in keinem der von Maas gefundenen Bittschreiben über die Brandgeschehnisse Teile der Befestigungsanlage auf.

Beim fünften großen Stadtbrand im März 1945 gab es den größten Teil der Stadtmauer gar nicht mehr. Die Stadtmauer war noch auf Karten im 18. und frühen 19. Jahrhundert in Teilen zu erkennen. Mit der teilweisen Niederlegung von Mauern und Wällen wurde ab 1718 begonnen, wobei auch der Stadtgraben mit Materialien des vorgelagerten Walls zugeschüttet und das neu gewonnene Land verpachtet wurde. Mit der Eingliederung Schermbecks in den preußischen Staat nach der kurzen Zeit der französischen Fremdherrschaft verlor Schermbeck an überregionaler Bedeutung. 1832 wurden die Stadttore und die dazu gehörenden Torschreiberhäuser verkauft.

Reste der Mauer und des vorgelagerten Grabens, der ursprünglich vom Mühlenbach gespeist wurde, sind noch heute im Gelände zu erkennen. Bauliche Reste des Mühlentores und des Steintores sind obertägig zwar nicht erhalten, wohl aber Teile der Stadtmauer an zwei Stellen, und zwar südlich der Straße Hinter der Mauer und nördlich des Vereinsheims der Sportschützen Schermbeck an dem Parkplatz vor der Brücke zum Bösenberg. Am letztgenannten Standort ähnelt die Stadtmauer am ehesten ihrem ursprünglichen Aussehen. Die Stadtmauer im Bereich Hinter der Mauer wurde im Zuge der Anlegung des Volksbank-Parkplatzes im ehemaligen Wallgraben 2002 restauriert. 2011 tauchten Teile der Stadtmauer auf, als in der Georgstraße im Bereich der ehemaligen Budo-Schule ein Gebäude abgerissen wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort