Wölfin Gloria in Schermbeck Nabu hält Nebeneinander von Wolf und Mensch für möglich

Schermbeck · Wesel ist seit dem vergangenem Herbst ein offizielles Wolfsgebiet. Nabu-Chef Peter Malzbender zeigt unserem Autor das Gebiet, durch das Wölfin „Gloria“ zieht. Er hält ein Nebeneinander von Wolf und Mensch für möglich.

 Dieses Foto der Wölfin machte eine Jägerin. Das Bild zeigt: Die Umgebung ähnelt dem Gebiet am Rotbach.

Dieses Foto der Wölfin machte eine Jägerin. Das Bild zeigt: Die Umgebung ähnelt dem Gebiet am Rotbach.

Foto: dpa/Sabine Baschke

Wer den Ort nicht kennt, wird Probleme haben, ihn alleine mit dem Navigationsgerät zu finden. Für viele Ausflügler dagegen ist der Deckersweg in Hiesfeld längst kein Geheimtipp mehr. Auch an diesem Morgen stehen ein paar Autos an dem Weg, der in den Wald zum Rotbachsee führt. „Das Gebiet ist sehr beliebt, ständig sind hier Leute unterwegs“, sagt Peter Malzbender, als er seinen Wagen abstellt und sich den Feldstecher schnappt.

Nicht nur von Ausflüglern wird die Gegend gerne besucht, auch Wölfin Gloria fühlt sich hier offenbar wohl. Direkt in Sichtweite liegt das Gehege mit Damwild, in dem der Wolf zehn Tiere gerissen hat. Das ist amtlich. Dafür gibt es die offizielle Bestätigung vom Senckenberg-Institut, das die DNA-Proben von dem Hof untersucht hat.

Der Vorfall hatte für viel Aufsehen gesorgt, nicht nur wegen der vielen gerissenen Tiere. Es hieß, die Wölfin habe den zwei Meter hohen Zaun einfach übersprungen. Er sei ein Problemwolf, der sich diese Fertigkeit antrainiert hat, sagen die, die die Wölfin vertreiben oder im Extremfall auch töten wollen. Alles Quatsch, sagt Peter Malzbender und schüttelt den Kopf. „Die Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dass da Löcher im Zaun waren, auch am Tor war Platz genug, dass da ein Wolf hindurchschlüpfen könnte“, sagt er. Jetzt sind Drähte oben am Zaun gespannt. „Vorsicht Strom“, steht an einem Pfahl.

Die Sonne scheint, es ist bestes Ausflugswetter. Hier soll ein Wolf unterwegs sein? „Das Gelände hier ist für ihn ideal, direkt neben den Wiesen ist Wald, da findet er jede Menge Versteckmöglichkeiten“, sagt der Mann vom Nabu. Auch wenn er seinen Feldstecher dabei hat, ernsthaft rechnet er nicht damit, jetzt tatsächlich die Wölfin vor das Objektiv zu bekommen. „Das Tier wird sich nachts in einem Loch verkrochen haben, das kann kilometerweit weg von hier sein“, sagt er. 20 Kilometer pro Nacht seien keine Seltenheit. Die Strecke zwischen Hiesfeld, Hünxe und Schermbeck lege das Tier locker zurück. In Gahlen tötete die Wölfin Schafe. Angesichts der Idylle mit Sonne, Herbstlaub und zwitschernden Vögeln nur schwer vorstellbar, dass ein Raubtier unterwegs ist.

Zwei Reiterinnen nähern sich. Simone Klinger aus Dinslaken und Rina Veenhuis aus Oberhausen sind regelmäßig am Deckersweg unterwegs, auch durch den Wald reiten sie. Klar, von dem Wolf haben sie schon gehört. „Da hat man schon ein mulmiges Gefühl“, sagt Simone Klinger. „Ein Pferd wird der Wolf niemals angreifen, der nimmt immer den Weg des geringsten Risikos. Die Gefahr ist viel zu groß, dass das Pferd ihn mit dem Huf erwischt“, sagt Malzbender. So ganz trauen die jungen Frauen der Sache nicht. „Es würde reichen, wenn mein Pferd den Wolf wittert. Das würde dann sofort durchgehen“, ist Rina Veenhuis sicher. Ob ein Wolf denn auch Wildschweine angreife, wollen sie wissen. Kleine sicherlich, meint Malzbender. Aber um Keiler würden Wölfe einen großen Bogen machen. Risiko vermeiden eben. Für die Reiterinnen steht ohnehin fest: An ihrer Route werden sie nichts ändern, auch wenn das hier Wolfs Revier ist. Dafür ist die Gegend für einen Ausritt einfach zu ideal.

 Peter Malzbender im Schermbecker Wald.

Peter Malzbender im Schermbecker Wald.

Foto: Latzel

Malzbender sieht keine Gefahr für Spaziergänger. „Es gibt keinen Fall, in dem ein Mensch von einem Wolf angegriffen wurde.“ Auch beim jüngsten Vorfall in Niedersachsen stellte sich heraus, dass ein Mann dort von einem Hund und nicht von einem Wolf in die Hand gebissen wurde. Malzbender ist sicher, dass es ein Nebeneinander von Wolf, Mensch und Weidetier am Niederrhein geben kann. Er ist aber auch sicher, dass der Rhein keine Barriere darstellt. „Der Wolf ist schlau und würde auch die Brücke benutzten, nachts natürlich.“ Bei einer per Sender ausgestatteten Wölfin wurde nachgewiesen, dass sie über die Emmericher Rheinbrücke nach Weeze und dann Richtung Belgien weitergezogen sei.

Die Wölfin in Schermbeck wird nicht alleine bleiben, davon ist Malzbender überzeugt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Rüde nachzieht und sich hier ein Rudel ansiedelt.“ Dann würde sich auch Wolfs Revier ändern. Denn ein Rudel habe einen festen Platz, die Wölfin alleine dagegen suche sich ständig wechselnde Schlaf- und Rastplätze.

Malzbender hebt noch einmal das Fernglas, in der Ferne kann er das Damwild sehen. Vom Wolf keine Spur. Wie zu erwarten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort