Interview mit Thomas Godoj „Ich bin nicht so der geleckte Typ“

Wesel · 2008 gewann der Recklinghäuser Thomas Godoj bei „Deutschland sucht den Superstar“ – am Freitag spielt er in Wesel im Scala. Ein Gespräch über das Musikgeschäft im Allgemeinen und Dieter Bohlen im Speziellen.

Die RTL-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ hat ihn berühmt gemacht – durch den Sieg in der fünften Staffel der Casting­show wurde Thomas Godoj (40), Rocksänger aus Recklinghausen, einem größerem Publikum bekannt. Eine neue Staffel von DSDS ist gerade angelaufen, aber davon wusste Thomas Godoj bis zum Interviewtermin nicht einmal etwas. Das beschäftige ihn nicht mehr, gesteht der Sänger vor seinem Auftritt in Wesel. Viel mehr sorge ihn gerade seine leichte Erkältung. Die kleine Anekdote zeigt: Der Mann hat sich erfolgreich von seinem DSDS-Etikett gelöst. An manchen Stellen aber hilft es immer noch.

Herr Godoj, Sie klingen leicht kränklich, was ist mit der Stimme passiert?

Godoj Eine normale Erkältung, nichts Dramatisches. Das sollte meinem Auftritt am Freitag in Wesel nicht im Wege stehen. Zumal ich ja von Wesel schnell wieder zu Hause bin.

Sie kommen aus Recklinghausen, haben Sie schon einmal in Wesel gespielt?

Godoj Tatsächlich noch nie, ich bin gespannt. Mittlerweile bin ich aus beruflichen wie privaten Gründen nach Bochum gezogen. Im Grunde macht das aber keinen Unterschied. Denn wir leben im Ruhrgebiet ja in einer großen Metropole.

Ist das der Grund dafür, dass Sie so ein Rock-Arbeiter sind? Nach Ihrem Sieg bei DSDS im Jahr 2008, vor zehn Jahren also, haben Sie schon ihr mittlerweile siebtes Album veröffentlicht.

Godoj Das ist aus meiner Sicht nicht ungewöhnlich. Im Musikgeschäft ist das ein normales Pensum und wohl auch nötig, um im Gespräch zu bleiben.

...weil die Aufmerksamkeitsspanne für einen Künstler von begrenzter Halbwertszeit ist?

Godoj Nun ja, nach DSDS habe ich mir einen gewissen Fanstamm aufgebaut, die sind eigentlich treu. Die früheren Casting-Fans habe ich verloren, aber die, die danach kamen, die blieben. Ich habe mich musikalisch verändert, manche verliert man auf dem Weg, andere gewinnt man hinzu. Fakt aber ist, dass man als Künstler im Gespräch bleiben muss, und das Medium dafür, wenn man nicht zu viel Privates freigeben will, ist eben die Musik, das Album. Sonst ist man schnell weg vom Fenster. Man muss ackern.

Das klingt jetzt so gar nicht nach Kunst, sondern nach Schweiß und Tränen.

Godoj Es ist so, dass ich mittlerweile die Musik machen kann, die ich gerne mag. Anfangs wurde ich mit seichter Musik in Verbindung gebracht. Ich spiele jetzt härtere Rocksongs. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Move gemacht habe. Ich bin nicht so der geleckte Typ, nicht aus Plastik.

Nach DSDS wurden Ihnen eher Pop-Rock-Songs auf den Leib geschneidert.

Godoj Meine ersten Alben habe ich bei den Musiklabels Sony und SVP veröffentlicht. Da ging es weniger um Musik, da musste ein Gesamtprodukt verkauft werden. Man muss wissen, dass DSDS-Künstler nicht im Radio gespielt werden, auch Festivals buchen einen nicht. Irgendwann habe ich festgestellt: Das ist nicht meines. 2014 habe ich dann mein erstes Crowdfunding-Album aufgenommen. Die Leute haben das Album vorbestellt und vorab bezahlt, so dass ich die Produktion komplett nach meinen Vorstellungen realisieren konnte.

Das Geschäftsmodell scheint bei Ihnen zu funktionieren. Die Einnahmen stimmen. War DSDS Fluch oder Segen?

Godoj Ich bereue nichts. Man sollte am Ende des Lebens nur die Dinge bereuen, die man nicht gemacht hat. Nach dieser Maxime lebe ich. Ich habe durch DSDS viele Seiten des Musikgeschäfts kennengelernt; sicher auch die, die ich nicht wollte.

Schauen Sie noch DSDS? Die aktuelle Staffel hat gerade begonnen. Es ist sogar ein gebürtiger Weseler mit Joaquin Parraguez dabei.

Ganz ehrlich, da bin ich seit Jahren schon raus. Läuft das jetzt wieder? Das einzige, woran ich das merke, sind die Social-Media-Kanäle. Wenn eine neue Staffel beginnt, dann wird auch dort das Interesse an mir wieder größer, weil mein Name als Gewinner durch einen neuen Staffelstart wieder in Erinnerung gerufen wird.

In Wesel spielen Sie die Songs Ihrer „V‘Stärker Aus“-Tour, also akustisch.

Godoj Wir kommen mit drei Musikern, dieses akustische Format ist eine schöne Gelegenheit, die Songs auf ihren Kern reduziert vorzutragen. Normalerweise bin ich mit größerer Band unterwegs und lasse es krachen. Der Fokus ist in Wesel mehr auf den Texten.

Was hört Thomas Godoj denn so privat?

Godoj Viel harte Musik, etwa Type-O-Negative, Slipknot, auch Pearl Jam. Ich habe halt eine Neunziger-Jugend.

Sie haben mal Bauzeichner gelernt, auch studiert. Was sind perspektivisch die Ziele im Leben? Was ist, wenn Musik nicht mehr zum Leben reichen sollte?

Godoj Musik wird immer ein Bestandteil in meinem Leben bleiben. Ich würde mich aber natürlich gerne meiner Familie widmen können. Das ist schwer, wenn man so viel auf Tour ist wie ich. Es bleibt dann familiär zu viel auf der Strecke. Irgendwann möchte ich einmal so weit sein, diesen Zwei-Jahres-Zyklus bei der Albumveröffentlichung weglassen zu können.

Abschlussfrage: Wie stehen Sie als Ex-DSDS-Gewinner eigentlich zu Dieter Bohlen?

Godoj Mit ihm habe ich nie richtig was zu tun gehabt. Ich war mit mir immer im Reinen und es war schnell klar, dass Dieter Bohlen und ich beruflich nie zusammenfinden werden.

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