Spielzeugausstellung in Rees Nostalgische Reise in die Kindheit

Niederrhein · „Teddy, Märklin, Matchbox: Spielzeug in Rees und im Rest der Welt“ heißt eine Ausstellung in Rees.

 Gudrun und Winfried durften Anfang der 60er Jahre manche Spielgeräte testen, die ihre Eltern im Spielzeugladen Raffel in Rees anboten.

Gudrun und Winfried durften Anfang der 60er Jahre manche Spielgeräte testen, die ihre Eltern im Spielzeugladen Raffel in Rees anboten.

Foto: Familie Raffel

„Es ist schon bezeichnend“, sagt Heinz Wellmann, Vorsitzender des Geschichtsvereins Ressa. „Während wir unsere Ausstellung vorbereiteten, schloss in Wesel nach 162 Jahren das Spielwarengeschäft Franck und gab die Spielwarenkette Intertoys die Schließung ihrer 23 Filialen in Deutschland bekannt.“ Der Abschied von den beiden Weseler Spielzeugläden und der Boom des Internet-Versandhandels werden auch in der Ausstellung „Teddy, Märklin, Matchbox: Spielzeug in Rees und im Rest der Welt“ im Koenraad-Bosman-Museum thematisiert. Eine der 45 Infotafeln trägt die Überschrift: „Der Spielzeughandel lebt. Die Spielzeugläden sterben.“

Mit historischen Fotos und Spielzeug aus zwei Jahrhunderten erinnert der Geschichtsverein noch bis zum 17. März an eine Ära, in der sich die Kinder auch in allen niederrheinischen Städten die Nasen an den Schaufenstern lokaler Spielzeuggeschäfte plattdrückten. Sogar die frühere Tabakstadt Rees war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Art „Spielzeugstadt“. Am Kirchplatz und in der Dellstraße sorgten die Spielzeugläden Bauer und Raffel nicht nur in der Weihnachtszeit für die passenden Geschenke unterm Weihnachtsbaum.

 Historische Werbung der Modelleisenbahn-Firma Märklin

Historische Werbung der Modelleisenbahn-Firma Märklin

Foto: Michael Scholten

Von 1959 bis 1979 wurden die Matchbox-Autos des britischen Herstellers Lesley exklusiv und zentral von Rees-Bienen aus in alle deutschen Kaufhäuser und Einzelhandelsgeschäfte geliefert. Und als 1958 die Werkstätten der Lebenshilfe Unterer Niederrhein in Rees-Groin eröffnet wurden, kam der erste Großauftrag von der Firma Modella, die der Unternehmer Paul Kerkmann 1955 in Düsseldorf gegründet und fünf Jahre später nach Wesel-Flüren verlagert hatte: Über Jahre fertigten Menschen mit Behinderung Miniaturmöbel für Puppenstuben, die in alle Welt exportiert wurden.

 Georg Bauer in den 60er Jahren mit einigen Weihnachtsgeschenken aus dem Spielzeugladen, den seine Eltern Georg und Marianne Bauer am Reeser Kirchplatz betrieben.

Georg Bauer in den 60er Jahren mit einigen Weihnachtsgeschenken aus dem Spielzeugladen, den seine Eltern Georg und Marianne Bauer am Reeser Kirchplatz betrieben.

Foto: Bauer

Die Ausstellung blickt auch auf die lange Geschichte des „Homo ludens“, des spielenden Menschen, zurück. Die Besucher können mit kleinen Hammelknochen Spiele testen, an denen sich schon die alten Römer erfreuten. Eine Mappe vom Archäologischen Park Xanten gibt die Regeln vor. Die großformatige Reproduktion eines Pieter-Bruegel-Gemäldes lädt dazu ein, 91 verschiedene Kinderspiele aus dem Jahr 1560 zu entdecken.

 Hanni und Günther Raffel betrieben in Rees von 1955 bis 1991 einen Spielzeugladen in der Dellstraße.

Hanni und Günther Raffel betrieben in Rees von 1955 bis 1991 einen Spielzeugladen in der Dellstraße.

Foto: Raffel

Doch insbesondere die alten Blechautos, Puppenstuben oder -wagen, bereitgestellt vom Dinslakener Sammler Peter Engel, dürften die Herzen der Besucher schneller schlagen lassen. Auch Ursula und Klaus Theis aus Hamminkeln-Mehrhoog gehörten zu den privaten Leihgebern von Exponaten, darunter ein detailverliebter Kaufladen und eine Schildkröt-Puppe.

      Blechautos in der Reeser Spielzeugausstellung

Blechautos in der Reeser Spielzeugausstellung

Foto: Michael Scholten

Anders als viele Spielzeugmuseen zeigt der Reeser Geschichtsverein aber auch Exponate, die über die Vorkriegszeit und die 50er Jahre hinausgehen: So sind die Playmobil-Westernlandschaft, die Carrera-Bahn, die Barbie-Sammlung oder auch die Actionfiguren und Raumschiffe aus der „Star Wars“-Filmreihe bewusst als Hommage an die Kindheit in jüngeren Jahrzehnten gedacht.

„Wir haben das Museum in ein großes Spielzimmer verwandelt“, sagt der Ressa-Vorsitzende Heinz Wellmann, der bei der gut besuchten Ausstellungseröffnung keinen Hehl daraus machte, dass sein alter Teddy bis heute einen festen Platz neben dem Ehebett hat.

Dieses Geständnis legte auch Johannes Beenen ab. Der Kunsterzieher fand bei der Vernissage lobende Worte für die „wunderbarste und umfangreichste Spielzeugausstellung, die Rees je erlebt hat“. Er wertete das Spielen als elementaren Baustein der Menschheit: „Es muss nicht zielgerichtet, sondern kann auch Selbstzweck sein.“ Dennoch helfe das Spielen den Kindern dabei, sich zu konzentrieren, mit Niederlagen umzugehen, zu kommunizieren und zielorientiert zu handeln.

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