Wesel Rathaus: Jetzt geht's um die Skulpturen

Wesel · Die Steine der rekonstruierten Schmuckfassade sind bezahlt. Schuldenfrei gehen die Rathausfreunde die nächsten Projekte an. Sie wollen zunächst die Anleuchtung umsetzen und für das Figuren-Programm sammeln.

 Unten vor der Fensterfront im ersten Stock der rekonstruierten Rathausfassade am Großen Markt warten sieben Podeste auf Ersatz der Skulpturen, die bis 1945 das Original geziert hatten.

Unten vor der Fensterfront im ersten Stock der rekonstruierten Rathausfassade am Großen Markt warten sieben Podeste auf Ersatz der Skulpturen, die bis 1945 das Original geziert hatten.

Foto: jürgen bosmann

Am 31. Dezember hat Erich Kruse, Schatzmeister der Bürgerstiftung und der Bürgerinitiative Historisches Rathaus, den Steinplan geschlossen. Das heißt: Es gibt keine Steine mehr, die Stifter kaufen könnten. Die Rekonstruktion der Fassade im spätgotischen Stil am Großen Markt ist bezahlt. Mitgeholfen hat die zusätzliche Förderung der Mehrkosten (400 000 Euro) durch Bund und Land in Höhe von 277 000 Euro. Dem Luftholen und dem Jubel folgt neuer Tatendrang, die nächsten Projekte schuldenfrei anzugehen.

Rücklagen für die Turmtreppe sind da, ebenso für die Anleuchtung, die jetzt kommen soll. "Das ist fürs Marketing jetzt wichtig", sagt Dagmar Ewert-Kruse, Vorsitzende der Bürgerinitiative. Immer wieder betont sie bekanntlich, dass bis zur Vollendung noch was fehlt. Zum Beispiel die dauerhafte Nutzung mit Trauzimmer oder Hanse-Saal für Veranstaltungen.

Während besagte Anleuchtung nun in die Umsetzungsphase kommt, wollen die Rathausfreunde parallel das Figuren-Programm anpacken. Die Entscheidung über die Persönlichkeiten, die auf den sieben Podesten im ersten Stock dargestellt werden, ist gefallen: Es werden jene sein, die bis zum Untergang des Originals 1945 am Markt ihren Platz hatten. Von links: Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Herzog Adolf I. von Kleve, Kaiser Karl der Große, St. Willibrord, König Rudolf I. von Habsburg, Graf Dietrich VIII. von Kleve, Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg (siehe Fotos). Im Sinne einer Gesamtrekonstruktion ist das nur konsequent. Diskussionen über Darstellungen der sieben Tugenden oder Abbildungen berühmter Weseler aus jüngerer Vergangenheit sind passé.

Gegeben hat es diese Diskussionen im letzten Jahrzehnt durchaus. Dombaumeister Prof. Dr. Wolfgang Deurer, als Architekt auch für die Fassade zuständig, hatte 2001 mit der Rheinischen Post die Frage angeschoben, wer denn dereinst ins Bildprogramm kommt. Das hat übrigens vor gut 160 Jahren der Weseler Rat auch schon einmal umgetrieben. Der ehemalige Gymnasiallehrer Horst Schroeder hat zuletzt die Ereignisse von 1854 bis 1858 im Stadtarchiv erforscht.

Bis zur Unkenntlichkeit verwittert war damals die "Heiligengalerie". Bis dahin hatten die Jungfrau Maria, die Heiligen Drei Könige, Antonius, Christophorus und Willibrord die Front geziert. Nun sollten, auch vom Streben nach einem Nationalstaat beseelt, weltliche Herrscher das Rathaus schmücken. So waren dann auch die Preußenkönige Friedrich II. und Friedrich Wilhelm III. in der Diskussion. Letztendlich blieb ihnen der Aufstieg in Wesels ersten Stock versagt, weil ihre Kostüme nicht zum gotischen Stil der Fassade passten.

Jetzt also kommen die sieben zuletzt am Markt thronenden Figuren wieder. Bleibt die Frage, wie sie gefertigt werden sollen. Metall (Bronzeguss) wurde verworfen. Sandsteinoptik ist erste Wahl. Schwer darf es aber nicht werden, weil die Podeste dafür nicht ausgelegt sind. Denkbar sind Hohlkörper. Dagmar Ewert-Kruse und Richard Wolsing, Öffentlichkeitsarbeiter der Initiative, sind schon einen Schritt weiter, sorgen sich um die möglichst originalgetreue Abbildung. Denn viel ist nicht erhalten. Es gibt einen aus dem Kriegsschutt geborgenen bröseligen Torso von Johann Sigismund und zum Glück eine Serie sehr schöner Aufnahmen der berühmten Weseler Fotografin Hilde Löhr (1897-1998) aus den 30er Jahren. Diese Bilder und eine Zeichnung aus dem Städtebau-Archiv Berlin werden voraussichtlich die Basis sein für ein am Computer errechnetes dreidimensionales Bild, das dann zum Beispiel eine Fräse steuern könnte.

Zu den Kosten einer Skulptur lässt sich derzeit noch nichts Genaues sagen. Klar ist für die Rathausfreunde aber, dass wieder nach dem bewährten Steinprinzip gesammelt wird. Jeder kann sich beteiligen, auf Wunsch für eine bestimmte Figur spenden.

Für Willibrord sind bekanntlich schon Mittel zweier Spenderinnen geparkt. Schatzmeister Erich Kruse kann nun den nächsten Plan aufschließen.

(RP)
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