Wie Geht's, Wesel Plädoyer für den Esel

Wesel · Wesel sucht ein neues Stadtlogo, Deutschland eine neue Bundesregierung. In beiden Fällen sind kluge Köpfe gefragt, nur in einem Fall sollte ein Esel eine Rolle spielen.

Die Kritik der Weseler Kreativindustrie an der Stadtverwaltung reißt nicht ab. Einen Wettbewerb lobt die Stadt Wesel aus, Studenten der Hochschule Rhein-Waal sollen ein neues Stadtlogo erfinden. Die Kreativindustrie in Wesel fühlt sich übergangen. Ortsansässige Unternehmen und Einzelkämpfer seien nicht gefragt worden, lautet die Kritik. Natürlich ist der Ruf der Weseler Kreativen verständlich. Aber ist er auch berechtigt?

Der Ruf nach Studenten wird schnell laut, wenn Städte nach kreativen Lösungen für Probleme suchen. Einen Wettbewerb an der Universität auszuloben kostet am Ende weniger, als ein Logo von einem professionellen Grafiker erstellen zu lassen. Manchmal entsteht daraus aber leider auch ein Gefühl, weniger verpflichtet zu sein, Ideen auch tatsächlich umzusetzen. Diese Erfahrung hat Wesel im Falle des Hafens gemacht. Neue Nutzungsideen wurden gesucht, kreative Vorschläge wurden eingereicht. Am Ende wurde keine der Ideen umgesetzt. Stattdessen entsteht dort ein Industriehafen. Wird im Falle der Weseler Logosuche mehr auf die Meinung der Studenten gehört?

Das ist zu hoffen, denn der Ansatz ist gut: Der Blick von außen auf eine Stadt ist manchmal ein schärferer, das Profil ist besser erkennbar, als wenn Weseler selbst am Logo beteiligt wären.

In dem Zusammenhang - quasi aus der Nähe - wollen wir ein Plädoyer für den Esel halten, der längst so etwas wie ein Markenzeichen von Wesel geworden ist. Natürlich ist es schwierig, einen stilisierten Esel in einem Logo zu verewigen. Aber wenn es gelingt, wäre es herrlich selbstironisch. Ein wenig dieses humorvollen Blicks auf sich selbst tut Wesel gut, das ja zweifelsohne nicht der Nabel der Welt, aber eben auch mehr als ein Niederrhein-Dorf ist. Wir glauben: Mit dem Bekenntnis zum Esel bewiese die Stadt wahre Größe. Dass der Ruf mit dem "Bürgermeister von Wesel" womöglich ursprünglich gar nicht auf das Niederrhein-Wesel gemünzt war, sondern auf Oberwesel bei Koblenz - geschenkt! Der Esel jedenfalls steht längst mehr für Wesel als die drei Wiesel, die sich im Stadtwappen befinden.

Wie kommen wir von Wesel und Wiesel jetzt auf die aktuelle politische Landschaft? Vielleicht damit, dass es auch uns erstaunt hat, wie wieselflink sich die FDP aus den Sondierungsgesprächen verabschiedet hat. Und vielleicht damit, für welche Eselei wir es irgendwann noch halten werden, dass die drei Parteien sich nicht auf eine gemeinsame Linie haben einigen können? Auch in der FDP werden einige Abgeordnete Sorge haben, dass ihre Partei bei einer Neuwahl erheblich schlechter abschneidet. Insbesondere auf den hinteren Listenplätzen beginnt das Zittern.

Der Weseler Bernd Reuther, neuer FDP-Bundestagsabgeordneter - der erste seit Jahrzehnten im Wahlkreis - hat in dieser Woche seine erste Rede im Bundestag gehalten. Es ging um den Erhalt der Stahlstandorte in Deutschland. Reuther begrüßte in seiner Rede, dass die beiden Unternehmen sich darauf verständigt haben, die Mitbestimmungsrechte der Arbeiter auch nach einer Fusion und unabhängig vom zukünftigen Sitz des Unternehmens vollständig bestehen bleiben. Ungewöhnlich: ein FDP-Mann, der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer begrüßt. Das sind ja fast linke Positionen. Vielleicht sollte die FDP noch einmal überlegen, ob sie die Sondierungsgespräche doch noch einmal aufnimmt.

Oder, noch besser: Man veranstaltet einfach einen Kreativwettbewerb unter Studenten, die Vorschläge für eine neue Regierungsbildung in Deutschland machen. Ertragreicher als zwei weitere Wochen Sondierung würde es wohl allemal.

Ihre Meinung? Schreiben Sie: sebastian.peters@rheinische-post.de.

(RP)
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