Wesel Pankok-Museum: Kunst zur Pogrom-Nacht

Wesel · Die neue Winterausstellung im Drevenacker Museum, die morgen, 17 Uhr, eröffnet wird, ist aktueller denn je. Sie thematisiert die Unterdrückten. Neben Juden stehen Roma und Sinti im Fokus.

 Das Kohlewerk "Judenhaus" hat Otto Pankok im Jahr 1945 gezeichnet. Damals hatte er Berufsverbot, seine Kunst galt als entartet.

Das Kohlewerk "Judenhaus" hat Otto Pankok im Jahr 1945 gezeichnet. Damals hatte er Berufsverbot, seine Kunst galt als entartet.

Foto: Malz

Eva Pankok erinnert sich noch ganz genau. Am 10. November 1938 besuchte sie mit ihrem Vater das Künstlerehepaar Max und Alice Stern. Es war der Tag nach der Reichspogromnacht. Statt mit der Straßenbahn gingen sie zu Fuß. Bei Stern angekommen erschrak das damals 13 Jahre alte Mädchen. "Alle Bilder waren abgehangen.

Und die gepolsterten Lederstühle, auf denen wir saßen, waren mit einem Dolch zerstochen", berichtet die heute 87 Jahre alte Dame. Max Stern, der Maler, Zeichner, Grafiker und eben auch Jude war, freute sich dennoch. "Alle meine Freunde kommen nachts. Nur Otto Pankok, der kommt mittags", sagte er damals.

Dass Otto Pankok, einer der größten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts, während der nationalsozialistischen Zeit Stellung bezog, ist nicht neu. Die neue Winterausstellung im Drevenacker Otto-Pankok-Museum, jenem Ort, dem Pankok mit seiner Familie seit 1958 beiwohnte, aber schon. Morgen, 17 Uhr, wird sie eröffnet. Zu sehen ist Kunst vor dem Hintergrund des Pogroms. "Toter II" zum Beispiel. Oder "Pogrom" und "Judenhaus".

"Wir haben die neue Ausstellung diesmal in drei Themenbereiche gegliedert", sagt Annette Burger, die die stellvertretende Vorsitzende der Otto-Pankok-Gesellschaft sowie die pädagogische Leitung des Museums ist. Vorne sind großformatige Kohlezeichnungen und Druckgrafiken mit Menschen, Tieren und Natur zu sehen. "Da immer mehr Schulklassen zu uns kommen, wollen wir ihnen einen leichten Einstieg bieten. Nicht jedes Kind kann mit Krieg und Unterdrückten etwas anfangen", sagt Burger. Im hinteren Teil des Museums ist die Ausstellung dann aktueller denn je.

"Im zweiten Raum wird das jüdische Schicksal thematisiert, im dritten werden Sinti und Roma gezeigt." Jene Kunst, die die Nationalsozialisten als entartet bezeichneten und weswegen Pankok Berufsverbot erhielt. "Normalerweise hielt er nur das fest, was er auch selbst gelebt und erlebt hat. Diese Werke hat er allerdings heimlich anhand von Fotos aus der SS-Propaganda-Zeitschrift ,der Untermensch' gezeichnet und sie anschließend versteckt", berichtet Burger.

Und genau diese Kunst ist Eva Pankok im Hinblick auf den Gedenktag und die aktuelle Flüchtlingsdebatte wichtig. Denn für sie und ihren Vater waren die Verachteten und Verfolgten nicht nur ein künstlerisches Motiv, sie waren Freunde. Die 87-Jährige erinnert sich gern daran, wie sie früher mit den Zigeuner-Kindern spielte.

Bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck im Oktober in Berlin war sie ebenfalls geladen. "Du bist doch die Eva", sagte eine alte Dame zu ihr. Ihren Namen hat sie leider nicht mehr behalten.

Eröffnung: morgen, 17 Uhr, Vortrag von Ralf Pütz und Musik von Isabel Jakubowski und Monika Gaggia. Kosten: fünf Euro.

(jul)
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