Kommentar: „Wie Geht's, Wesel?“ Nur noch Scherben

Wesel · Was bleibt von dieser Sitzung des Weseler Schulausschusses? Es war in fast jeder Hinsicht eine Lehrstunde, wie eine Sitzung nicht verlaufen sollte. Am Ende bleiben haarsträubende politische Beschlüsse und die Erkenntnisse, dass einige Besucher besser zum Kirmesboxen gegangen wären.

Selbst häufige Besucher von politischen Sitzungen können sich an eine solch turbulente Veranstaltung wie den Weseler Schulausschuss am Donnerstagabend nicht erinnern. Beschimpfungen, Beleidigungen, Einladungen zur Prügelei, eine obendrein an einer Stelle kopflos agierende Verwaltung - und am Ende leider auch haarsträubende politische Beschlüsse. Als Verlierer dieses Dramas müssen die 23 Kinder gelten, um die es an diesem Abend ging. Sie werden nun an einer Schule unterrichtet, an die sie eigentlich nicht gehören. Das Linksbündnis hat dies billigend in Kauf genommen - aus politischem Kalkül. Traurig!

Man muss das ganze Drama dieses Abends chronologisch aufschreiben, damit sich so eine Sitzung nicht wiederholt. Eine Reihe von Fragen stellt sich.

Warum nämlich, so fragt man sich, müssen die Schüler beider Schulen mit Plakaten in einer Sitzung stehen, auf denen sie sich gegenseitig mitteilen, dass ihre Schule voll sei und die Schüler mit Hauptschulempfehlung doch bitte die andere Lehranstalt besuchen sollen? Lernt man auf diese Art Respekt? Lehrer und Schulleiter hätten die Plakatinszenierung verhindern statt forcieren müssen. Peinlicher waren noch die Eltern, die hereingerufen haben. Das Parlament soll ein Ort der gepflegten Debatte sein, nicht eines der Krakeeler aus der dritten Reihe. Wer das nicht versteht, der soll zuhause bleiben. Der Sitzungsleiter, CDU-Mann Volker Haubitz, konnte das Publikum nicht im Zaum halten. Er war gesundheitlich angeschlagen, hatte keine Stimme mehr.

Das zweite Drama war das Agieren der Verwaltung. Denn nur am Rande fand in der Sitzung die Tatsache Erwähnung, dass die 23 Schüler ohne Realschulempfehlung, die nun nach Vorstellung des Linksbündnisses dennoch die Realschule besuchen sollen, ab der Klasse sieben nach derzeitigem Stand nicht im speziellen Hauptschulzweig unterrichtet werden dürfen. Erst kurz vor Beginn der Sitzung wurde Benien dies durch eine Journalistinnenanfrage bewusst. Die Debatte wäre sicher anders verlaufen, wenn die Politik um diesen Umstand gewusst hätte. Das Linksbündnis hätte auf jeden Fall weniger Argumente für sein Vorgehen gehabt, die Schüler auf eine volle Realschule statt eine volle Gesamtschule zu schicken.

Das nämlich ist das dritte Drama: Die Politik hat mit Sachzwängen wie Raumnot argumentiert, warum sie die 23 Schüler auf die Realschule schickt. Das einzig vernünftige Argument hätte aber sein müssen, auf welcher Schule die 23 Schüler besser beschult werden. Jeder Pädagoge -egal ob Gesamt- oder Realschule - würde dies unterschreiben. So wirkt der Verweis an die Realschule wie eine Strafe für das dortige Kollegium. Und das Linksbündnis nutzte diese Debatte, um mit dem gleichen Beschluss im Parforceritt eine zweite Gesamtschule auf den Weg zu bringen. Man kann das als cleveren Schachzug bezeichnen, als Beweis für die strategischen Qualitäten des Ludger Hovest. Man kann es auch anders sehen: Die 23 Schüler sind Opfer eines politischen Machtspiels.

Wenn etwas Positives bleibt, dann die Tatsache, dass die politische Debatte trotz aller Kontroverse sauber und geordnet verlief. Die Politiker bewiesen Gespür, sich gegenseitig nicht zu beschimpfen, sondern gepflegt Argumente auszutauschen. Wenigstens da war es eine kleine Sternstunde des Parlaments.

Ihre Meinung? Schreiben Sie: sebastian.peters@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort