Hamminkeln Nie wieder Krieg

Hamminkeln · Das Forum Senioren war mit Zeitzeugenberichten bei den Zehntklässlern der Heinrich-Meyers-Realschule Hamminkeln auf dem Podium zu Gast. Appell an Jugend: "Alles hinterfragen!"

72 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden die Zeitzeugen langsam knapp. Das liegt in der Natur der Dinge. Um so wertvoller sind authentische Berichte der wenigen noch Lebenden. Die gut 120 Mädchen und Jungen aus den zehnten Klassen der Heinrich-Meyers-Realschule Hamminkeln hatten gestern die Gelegenheit, aus erster Hand zu erfahren, wie Kinder und Jugendliche das Geschehen der 30er und 40er Jahre damals erlebt haben.

"Nie wieder Krieg", lautete das Thema. Wilhelm Hülsken (1929), Peter Mellin (Jahrgang 1931) und Heinz Breuer (1942) saßen als Zeitzeugen mit Britta Buschmann vom Forum Senioren auf dem Podium. Sie berichteten über ihre eigenen Erfahrungen, zitierten aus bekannten Dokumentationen zu den Ereignissen in der Region, verlasen außerdem Aufzeichnungen von Erich Schlabes (90 Jahre) und Josefa Romanski. Die Mutter des Hamminkelner Bürgermeisters hatte den Krieg teils in Gelsenkirchen, teils per Kinderlandverschickung in vor Bombardierungen sichereren Gebieten miterlebt. Mellin wuchs bei Breslau in Schlesien (heute Polen) auf. Breuer stammt aus Wesel, hatte unter anderem die Schilderungen seiner Eltern zum Untergang der Stadt im Februar 1945 mitgebracht.

Gewaltsamer Tod, Zerstörung, Not und Elend haben die Generation geprägt, die gern als die verführte bezeichnet wird. So sahen es auch die Protagonisten des Vormittags gestern auf dem Podium. Mellin zum Beispiel stellte mit klaren Worten Zusammenhänge zwischen den "Rattenfängern" der NS-Diktatur und brandaktuellen Entwicklungen in extremistischen Kreisen her: Verführung und Manipulation der Jugend mit subtilen Mitteln. Damals wie heute werde mit patriotischen Sprüchen und jugendaffiner Unterhaltung (Musik, Sport etc.) die politische Beeinflussung versucht. Entsprechend deutlich war die Botschaft, sich solchen Tendenzen zu widersetzen, um den Frieden und die Demokratie zu erhalten.

Besonders plastisch gewirkt haben dürften die Erinnerungen von Hülsken, der Hamminkeln und damit bekanntes Umfeld in den Mittelpunkt rückte. Ein zunächst vergleichsweise ruhiges (Kriegs-)Leben, bis Artillerie-Dauerbeschuss, die Luftlandung der Alliierten und blutige Kämpfe ab dem 23. März 1945 in den beschaulichen Dörfern alles änderten.

Geschichtslehrer Frank Feggeler, wegen Krankheit gestern verhindert, hatte die jungen Leute auf die Veranstaltung vorbereitet. Dennoch gingen ihnen die Schilderungen der Zeitzeugen unter die Haut. Erste Fragen kamen nicht von ihnen. Ein Besucher aus Wesel nutzte nach den mit privaten Fotos unterlegten Vorträgen die Gelegenheit zu einem Statement. Kord Meyer-Suchsland (90) sagte, er habe sich sehr wohl mit einigen Tricks dem nationalsozialistischen System widersetzen können und sei am Ende auch desertiert.

Das sorgte für Irritationen bei Jung und Alt, entwickelte sich aber nicht zu einem längeren Streitgespräch. Peter Mellin stellte fest, dass Meyer-Suchsland dann ja Glück gehabt habe, doch sei es nicht der Standard gewesen. Für die jungen Zuhörer blieb es bei dem Appell: "Immer wachsam sein und alles hinterfragen!" Mellin stellt zudem Unterstützung des Forums Senioren in Aussicht, wenn junge Hamminkelner mal auf einer großen Kriegsgräberstätte mit andere Jugendlichen aus aller Welt zusammenkommen wollen.

Schulleiter Bernd Rolles und Rita Nehling-Krüger (Stadtverwaltung) zogen am Ende ein positives Fazit zu der Veranstaltung. Die Ergebnisse werden archiviert. Auch soll es eine Wiederholung für kommende Schülergenerationen geben. Wenn die Zeitzeugen dann noch da, in der Lage und dazu bereit sind. Nicht jedem fällt es leicht, sich wieder mit den Schrecken des Erlebten auseinanderzusetzen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort