Wesel Neuer politischer Jugendstil
Wesel · Der Weseler Simon West ist mit 27 Jahren schon Parteichef der FDP in der Kreisstadt. Jetzt probiert er sich auch auf höherer politischer Ebene aus – und senkt den Altersschnitt der Bewerber im Wahlkreis Wesel III erheblich.
Eigentlich sollte er der jüngste Nachrücker im Weseler Rat werden. Doch bei der Kommunalwahl 2009 reichte es in Wesel nicht ganz für Simon West. Jetzt sitzt er für die Liberalen als sachkundiger Bürger in den Ratsgremien – und macht mit seinem Jugendstil in der Riege der meist altgedienten Damen und Herren auf sich aufmerksam. Der Stadtverband der FDP nahm ihn mit Kusshand, heute ist der gerade 27 Jahre alt gewordene Jung-Liberale Parteivorsitzender in der Kreisstadt. Nun möchte er den seinen politischen Jugendstil weiter verbreiten wie schon 2006 bis 2008 im Landesvorstand der Julis. Simon West tritt als FDP-Landtagskandidat im Wahlkreis Wesel III (Hamminkeln, Hünxe, Schermbeck, Voerde und Wesel) an. Zusammen mit dem Linken Hilmar Schulz, ebenfalls aus Wesel, senkt er den Altersschnitt der Bewerber gewaltig.
Westerwelle macht's schwer
Damit ist der Vorrat an Gemeinsamkeiten der beiden jungen Kontrahenten fast aufgebraucht. Nur eins verbindet sie noch vage: Einst waren West und Schulz zusammen Messdiener in der Weseler St. Franziskus-Gemeinde. Simon West stürzt sich wie die Konkurrenz derzeit voll in den Wahlkampf. Die FDP hat's nicht leicht, vermerkt er mit leichtem Zweifel. "Die Bundespolitik überlagert die Landespolitik. Kommunale Themen spielen überhaupt keine Rolle, wenn ich am Wahlstand werbe. Ich diskutiere viel, mir macht Politik einfach Spaß", sagt West. Afghanistan, die Kritik an "den Reisegewohnheiten von Außenminister Westerwelle, aber Zustimmung für die von ihm initiierte Hartz-IV-Debatte" hat er als Kernthemen ausgemacht. Leider, findet West. Mit Landesthemen könnte man als Teil der Regierung doch besser punkten.
In Wesel war's so lala, in Brünen beim Gewerbefest genoss er die Resonanz in einer liberalen Hochburg. Zweimal hat er sich mit den anderen Kandidaten in Debattierrunden begeben, in Hünxe und bei der VHS Wesel. Das sei doch gewöhnungsbedürftig gewesen, findet er. Die erfahrenen Politiker von CDU, SPD und Grünen hätten ihm zu routiniert und zu seelenlos gesprochen. "Da merkt man keine Begeisterung", findet er.
Die schreibt er sich selbst aber zu. Finanzpolitik mit Schuldenbremse, "da sonst meine Generation Zahlmeister ist", Bildung "schon wegen meines Alters" sind Themen, bei denen er loslegt. 8000 zusätzliche Lehrerstellen, das sei was. Das dreigliedrige Schulsystem müsse bleiben.
"Die Einheitsschule ist wie eine Operation am offenen Herzen. Wir brauchen Ruhe im Schulsystem", meint er. Studiengebühren seien ein schwieriges Thema. "Mehr junge Leute denn je beginnen an der Uni. Die Behauptung, sie lassen sich von Studiengebühren abschrecken, stimmt nicht", glaubt West, der Politik als "mein Hobby seit Langem" bezeichnet. Laufen ist das andere. "Leichtsinnigerweise habe ich meiner Schwester Anna versprochen, im Herbst beim Halbmarathon in Köln zu laufen. Da kommt noch viel Training auf mich zu", erzählt er. Amerika ist sein anderes Hobby, sein Traumland. Und passend dazu Barack Obama sein politisches Vorbild? "Nein, ich habe kein direktes politisches Vorbild. Aber wer sich für die USA interessiert, interessiert sich auch für Obama. Bill Clinton finde ich toll." Ihm fällt Philipp Rösler ein. "Grundsätzlich ist es bewundernswert, wenn einer straight sein Ziel verfolgt und erreicht." Der Gesundheitsminister habe gesagt, "mit 45 Jahren will er raus aus der Politik sein". West: "Hält er das ein, fände ich das bewundernswert." Für den 27-Jährigen ist Leben ohne Politik aber nicht vorstellbar. Kandidat und Parteichef, das soll nicht das Ende seiner Laufbahn sein.
West wäre nicht de Wahlkämpfer, wenn er nicht noch eine Botschaft parat hätte: "Ich will jüngere Leute überzeugen. Deshalb sag ich: Wählen gehen, am besten FDP. Und Erst- und Zweitstimme klug nutzten." Sein persönliches Ziel ist dabei klar. Die 6,28 Prozent der FDP von 2005 will er toppen.
