Hamminkeln Niederrhein, deine Mühlen

Hamminkeln · Eine Rarität: Die Wertherbrucher Mühle ist zum Mühlentag am Pfingstmontag wieder für Publikum geöffnet.

 In der Nachbarschaft zu besichtigen ist die Mühle in Werth.

In der Nachbarschaft zu besichtigen ist die Mühle in Werth.

Foto: Abre

Paul Wissing kennt sich aus mit Mühlen. Immerhin wuchs er in Rees in einer Mühle auf. Nun hat es ihm die Wertherbrucher Mühle angetan, die die Familie Knorth gekauft und auf Vordermann gebracht hat. Das Schätzchen ist eine Rarität unter den Mühlen am Niederrhein - eine Industriemühle, die sich an der Wertherbrucher Straße 12 hinter zwei Etagen Backstein verbirgt.

 Ebenfalls offen ist die Kriemhildmühle im linksrheinischen Xanten.

Ebenfalls offen ist die Kriemhildmühle im linksrheinischen Xanten.

Foto: OO

Um 1900 herum baute Heinrich Maarschalkerweerd die Mühle, die sich bald eines exzellenten Rufs erfreute. Zunächst von einer Dampfmaschine betrieben, setzte der Müller ab 1920 auf einen Brunkenmotor, der auch heute noch läuft. "Als der Motor nach 35 Jahren an den Strom angeklemmt wurde, lief er wieder sofort", schwärmt Mühlenexperte Wissing von diesem Stück Technikgeschichte: "Im Süden der USA gibt es heute noch Brunkenmotoren." Vorteil dieser Technik: Sie verbraucht sehr wenig Strom, wenn die Mühle angefahren wird. "Bei anderen Motoren wären sonst früher in Wertherbruch die Lampen ausgegangen", weiß Wissing.

 Immer ein Hingucker ist die obere Wassermühle in Schermbeck.

Immer ein Hingucker ist die obere Wassermühle in Schermbeck.

Foto: Malz Ekkehart

Die Übersetzung ist die gleiche wie bei einer klassischen Windmühle 1:6, damit die Mühlräder auf die benötigten 100 Umdrehungen pro Minute kommen. Noch heute kann man verfolgen, wie damals Roggen und Weizen mit Hilfe von Elevatoren in die erste Etage befördert wurden, wo sie dann per Trichter auf die drei Mühlsteine - einer für Weizen, zwei für Roggen - verteilt wurden. Die Besonderheit hier: Die Wertherbrucher Mühle hat im Gegensatz zu vielen anderen einen Unterantrieb. Normalerweise sitzt der Antrieb oberhalb der Mühlsteine. Das Mehl wurde dann wieder hoch zu den Sichteranlagen transportiert, wo es gereinigt wurde. "Die Schalen des Getreides waren das beste Schweinefutter, das es gab", ist Paul Wissing bis heute überzeugt.

 Ulrich Knorth am Backofen in der Mühle Wertherbruch, die zum Mühlentag mit Kaffee, Kuchen und Kunstgewerbe lockt.

Ulrich Knorth am Backofen in der Mühle Wertherbruch, die zum Mühlentag mit Kaffee, Kuchen und Kunstgewerbe lockt.

Foto: Ekkehart Malz

Das Besondere an der Wertherbrucher Mühle ist auch ihre Funktionstüchtigkeit mit Originalteilen. Nachdem sie 1957 nach dem Tod von Maarschalkerweerd geschlossen wurde, hatte niemand mehr einen Fuß in das Gebäude gesetzt, nichts entfernt, nichts umgebaut. Nur eine dicke Staubschicht setzte sich auf das Inventar. Deshalb befinden sich auch heute noch Originalunterlagen auf dem Dachboden. Im Maschinenraum steht nicht nur der Mühlenantrieb, sondern mittlerweile auch eine komplette Schusterwerkstatt aus alten Zeiten. Die Wertherbrucher Familien Ehlting und Lensing haben sie gestiftet, samt Originallampe. "Wir wollen hier so eine Art Heimathaus aufbauen", sagt Wissing. Zur Wertherbrucher Mühle gehört auch eine Backstube, und hier steht der nach Einschätzung Wissings größte alte Holz-Backofen am Niederrhein.

Zum Deutschen Mühlentag am Pfingstmontag, 5. Juni, ist das Kleinod von 11 bis 17 Uhr für Publikum geöffnet. Es werden in der Zeit immer wieder Führungen für die Besucher angeboten.

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