Wesel Modernes Orgel-Programm gefeiert

Wesel · Lisa Hummel bezauberte die Zuhörer im Willibrordi-Dom mit frischen Impulsen und Erinnerungen an den Komponisten Jehan Alain.

So viel Freude machte das zweite Orgelkonzert des diesjährigen Orgelherbstes im Willibrordi-Dom, dass die Besucher, bezaubert von der unbedingten Hingabe der jungen Interpretin an die Musik, fast zu selbstvergessenen Hörern wurden. Die junge, mit vielen Preisen ausgezeichnete Organistin Lisa Hummel überraschte am Samstagabend mit einem modernen Programm, das sich in seiner Klang-Entfaltung zeit- und musikgeschichtlich als schlüssig erwies. Neugierig machte es auf sich weitende Horizonte, lockte auf wenig vertraute Pfade. Das Publikum folgte diesen frischen Impulsen.

Die Pedalpassage am Anfang von Regers "Toccata und Fuge a-Moll" aus op. 80 setzte sofort den bestimmenden Akzent des gesamten raumgreifenden Gedankengebäudes, das mit der "Melodia op. 129,4" in eine fast romantische Besinnungsphase mündete. Auf Bachs große "Passacaglia c-Moll", BWV 582, dieses variantenreiche, von nichts Kleinlichem geschmälerte Werk mit strahlenden Schluss strebte Regers kluge Klang-Erzählung zu.

Und dann stiegen sehr feine, erdentrückte Laute empor, trafen bald auf dunklere Stimmen, beide Melodie-Linien flossen ineinander und ordneten sich im tönenden Bild des "Jardin suspendu", des schwebenden Gartens, von Jehan Alain. Dieser hochbegabte französische Komponist (1911-1940), der im Zweiten Weltkrieg, jung noch, gefallen ist, hält mit seiner Tonsprache die gottgegebene schwebende Welt in seinen von gläubiger Zuversicht gefestigten menschlichen Händen. Alains "Litanies" bestärken diese aus Not geborenen Hilferufe aus dem erdgebundenen Leben, das in seinem Auf und Ab in der sich steigernder Wiederholung die Allmacht um Hilfe anruft, gipfelnd in der hochgestimmten Hingabe an sie.

Alains Sprache, in Konzerten leider nicht oft zu hören, war Lisa Hummels Sprache. Sie wurde vertieft mit Bachs "Trio super" und dem Choral "Allein Gott in der Höh sei Ehr", BWV 664; auch mit Schumanns "Skizzen für den Pedalflügel", mit fliegend leichten, nicht leichtsinnigen, in die Natur sich einschmiegenden Klang-Elementen.

Vollends deutlich machte das Duruflés (1902-1986) "Prélude et Fugue sur le Nom d'Alain", op. 7, dieser Erinnerung an Alains Genius. Rasche, sich überrollende Läufe verstetigen sich, erstarken zu Akkorden, dazwischen erhebt sich der hehre Ton der Litanies, das Tempo steigert sich und verklanglicht sich in einem großen visionären Schluss.

Die Hörer hatten verstanden, der Applaus wollte nicht enden. Überwältigt sagte die Organistin Dank mit einer Melodie von Bach.

(hb-)
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