Wesel Mit Feldpost auf Jauchs Spur

Wesel · Helmut Schwiening zeichnet im Preußen-Museum den Krieg mit Briefen nach. Mit ihnen stieß er auf den Weseler Hans Jauch – Großvater von Moderator Günther Jauch – als Kommandant des Kriegsgefangenen-Lagers Bocholt.

Helmut Schwiening zeichnet im Preußen-Museum den Krieg mit Briefen nach. Mit ihnen stieß er auf den Weseler Hans Jauch — Großvater von Moderator Günther Jauch — als Kommandant des Kriegsgefangenen-Lagers Bocholt.

Wer Feldpostbriefe in die Hand nimmt, bekommt blitzschnell ein mulmiges Gefühl. Soll, ja darf man tatsächlich lesen, was sich die Menschen im Zweiten Weltkrieg zwischen Heimat und Front mitgeteilt haben? Ist das nicht Privatsache? Ja. Ist es. Aber es sind auch historische Zeugnisse. Ganz authentisch spiegeln sie die immer schlimmer werdenden Verhältnisse für die deutschen Soldaten und ihre Angehörigen. Gut 10 000 solcher Belege hat der Bocholter Helmut Schwiening (59) aufgespürt, rund 450 in seine Sammlung aufgenommen. Am Mittwoch berichtet er im Preußen-Museum über das Feldpostwesen (siehe Info). Streifen wird er dabei auch eine besonderes Kapitel. Denn Feldpost führte ihn auf die Spur des Weselers Hans Jauch (1883-1965). Der Großvater von TV-Moderator Günther Jauch war Kommandant des Kriegsgefangenen-Lagers Bocholt.

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Als Bocholter interessierte sich Schwiening natürlich brennend für das Thema. Er wandte sich auch an den berühmten Enkel. Der war sehr interessiert und teilte ihm mit, dass die Rolle des Großvaters im Krieg ihm bis dato weitgehend unbekannt geblieben war. Schwiening selbst ging es auch ums Lager. "Relativ human", sei es da zugegangen . Aber es sind auch 2000 Russen in Bocholt umgekommen.

Dafür seien laut Schwiening aber wohl weniger die Verhältnisse in Bocholt die Ursache gewesen als vielmehr die Zustände in den entfernten Betrieben, in denen sie vorher hätten schuften müssen. Schwiening beschreibt zudem eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Hier die regulären Kriegsgefangenen, die nach Bedingungen des Genfer Abkommens behandelt wurden Dort die separierten anderen, von Nazi-Deutschland als Untermenschen betrachteten Insassen aus der Sowjetunion, die das Abkommen nicht unterschrieben hatte . . .

Das Beispiel des Weseler Zementfabrikanten und im Krieg reaktivierten Offiziers Hans Jauch zeigt, wie sehr sich der Bocholter in die Geschichte und in die Geschichten versenkt hat. Als "philatelistisches Mahnmal" möchte er die Ergebnisse seiner Sammlertätigkeit gern zwischen Buchdeckel bringen. Allein die Recherche zum Entschlüsseln von Feldpostnummern birgt Filmstoff. Schließlich waren sie Teil der Tarnung, damit man die Einheiten und ihre jeweiligen Standorte nicht ermitteln konnte.

Helmut Schwiening wird in seinem Vortrag berichten, wie er manches Rätsel lösen konnte. Und er wird zeigen, welche Schicksale hinter "Verlegenheitsstempeln" steckten. "Zurück an den Absender, neue Anschrift abwarten" steht auf einem Umschlag. Das hieß: Der Empfänger war vermisst . . .

(RP)
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