Umweltministerin Barbara Hendricks wird 65 "Mein Lebensmittelpunkt bleibt Kleve"

Kleve · Bundes-Umweltministerin Barbara Hendricks rechnet sich Chancen aus, zum ersten Mal bei der Bundestagswahl 2017 den Wahlkreis 112 Kleve für die SPD direkt zu gewinnen. Heute feiert sie den 65. Geburtstag in ihrer Heimatstadt.

 Barbara Hendricks und das Wahrzeichen ihrer Heimatstadt Kleve, die Schwanenburg.

Barbara Hendricks und das Wahrzeichen ihrer Heimatstadt Kleve, die Schwanenburg.

Foto: Gottfried Evers

Ihr Wahlkreis 112 Kleve gilt als CDU-Festung, ist so schwarz wie kaum ein anderer im Land NRW - und dennoch glaubt Barbara Hendricks an ihren (politischen) Lebenstraum: Sie möchte bei der Bundestagswahl im Herbst zum ersten Mal für die SPD den Klever Wahlkreis gewinnen. "Ja, ich rechne mir Chancen aus. Ich vertraue darauf, dass die Bürger meine langjährige verlässliche Arbeit zu schätzen wissen", sagt sie.

Nach sechs Niederlagen in Serie von 1994 bis 2013 gegen ihren ewigen Rivalen, den einstigen Kanzleramtsminister und heutigen Bahnvorstand Ronald Pofalla, heißt der CDU-Kontrahent Stefan Rouenhoff, ist 38 Jahre jung und noch ein unbeschriebenes Blatt. Hendricks setzt ihre Hoffnung auf die gewachsene Popularität als Bundesumweltministerin und auf ihre fast allwöchentliche Präsenz vor Ort. Wo immer ein Ereignis rund um Kleve ansteht, Barbara Hendricks ist dabei. Das wird auch so sein, wenn sie heute ihren 65. Geburtstag feiert, denn am selben Tag spricht sie ein Grußwort bei der 775-Jahr-Feier ihrer Heimatstadt. An ihrer Liebe zur 50.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Kleve, gleich an der Grenze zu den Niederlanden, wird sich nichts ändern: Zwar wohnt sie derzeit mit ihrer Lebensgefährtin, einer neun Jahre jüngeren pensionierten Pädagogin aus Kleve, in Berlin, fühlt sich wohl, lässt sich bei vielen Anlässen sehen, zum Beispiel mit dem befreundeten Ehepaar Steinmeier. Aber für das absehbare Ende ihrer Karriere als Bundestagsabgeordnete, voraussichtlich in vier Jahren, sagt sie voraus: "Mein persönlicher Lebensmittelpunkt wird immer Kleve bleiben. Wenn ich mich aus der aktiven Politik zurückgezogen habe, kann ich mir Ehrenämter in Kleve vorstellen, zum Beispiel im kulturellen oder sozialen Bereich".

Ruf als Kämpferin

In Berlin genießt Barbara Hendricks zum Ende der Legislaturperiode deutlich mehr Bekanntheit als noch vor drei Jahren. "Barbara wer?" wurde damals selbst von Beobachtern des Regierungsbetriebs gefragt, heute hat sie sich einen Ruf als konsequente, mitunter nervende Kämpferin für Klima- und Umweltschutz erarbeitet - nicht zuletzt wegen mancher Konflikte mit Kollegen, auch in den eigenen Reihen.

In der Öffentlichkeit weiterhin wenig bekannt ist jedoch, dass sie auch Bauministerin ist. Dabei liegt Hendricks viel an dem Thema. "Ich habe als Bauministerin erst überhaupt wieder dafür gesorgt, dass die Wohnungsbaupolitik auf die Agenda kommt", sagt sie. Im vergangenen Jahr seien so viele Wohnungen genehmigt worden wie seit 1999 nicht mehr, betont sie. Das Thema ist heiß und es drängt in den Wahlkampf. "Noch vor zehn Jahren dachte man, in der Politik und in der Wirtschaft, Deutschland sei fertig gebaut. Das war ein Irrglaube", sagt Hendricks und fügt hinzu: "Es ist frustrierend, jetzt die Auswirkungen zu erleben: In gefragten Lagen finden selbst Gutverdiener oft keine bezahlbare Wohnung mehr, von Alleinerziehenden ganz zu schweigen."

Meilenstein Pariser Klimaabkommen

Dass Hendricks so offen spricht, ist eher selten. Sie gilt in Berlin als loyale Politikerin, die Teamgeist hat und die Meinungen anderer gerne hört. Gleichzeitig ist sie mit allen Wassern gewaschen, war lange genug als Schatzmeisterin im Willy-Brandt-Haus und als Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, um das Geschäft und das Regieren im Speziellen zu lernen. Gerne redet sie über das Pariser Klimaabkommen. "Der Abschluss des Pariser Klimaabkommens gehört zu den emotionalsten Momenten meines politischen Lebens. Das war einzigartig", sagt sie im Gespräch. Mit Tränen in den Augen lagen sich im Dezember 2015 die Vertreter von 195 Staaten in den Armen, weil es gelungen war, sich mit den USA und China auf das sogenannte "2-Grad-Ziel" zu einigen. Für Hendricks ein Meilenstein. Und in der Klimapolitik kommt zum Ausdruck, in welchen Dimensionen die Frau vom Niederrhein denkt: "Bei den nächsten Koalitionsverhandlungen wird es darauf ankommen, dass wir bei der Umsetzung unserer Klimaziele noch nachlegen." Es gehe um "nichts weniger als das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten", so Hendricks.

Aber weil sie da so denkt, eilt ihr der Ruf von Unerbittlichkeit und teils unfairer Methoden voraus. Der Klimaschutzplan der Bundesregierung etwa, ein breiter Katalog von Maßnahmen, wurde in ihrem Haus vorbereitet, aber vom Kanzleramt und dem Bundeswirtschaftsministerium - damals noch unter der Leitung von Sigmar Gabriel als Hendricks' Parteichef - zusammengestrichen. Offiziell sagt Hendricks: "Der Klimaschutzplan gehört zu den herausforderndsten Projekten meiner Amtszeit. Die Verhandlungen waren hart, und zu meinem Bedauern ist auch nicht immer sauber gespielt worden." Selbst als erfahrene Politikerin habe es sie erstaunt, wie gut am Ende das nicht gesprochene Machtwort der Kanzlerin gewirkt habe, so Hendricks. Dieses hatte sie öffentlichkeitswirksam eingefordert, um den Streit beizulegen - ein Kniff aus alter Schule.

"Klaus Töpfer hat mal gesagt: Wenn man als Ankündigungsminister gilt, und das kommt im Umweltministerium häufiger vor, dann braucht man ein dickes Fell und viel Selbstvertrauen", zitiert Hendricks und reklamiert beides für sich. Das brauchte sie vor allem auch wegen der von ihr formulierten "Bauernregeln", die nicht nur bei Agrarminister Christian Schmidt (CSU) schlecht ankamen, sondern bei fast allen Landwirten. Hendricks entschuldigte sich, die Kampagne ging jedoch in anderer Form weiter.

Genug hat sie von all dem noch nicht. "Es macht mir Freude Bundesumweltministerin zu sein", sagte Barbara Hendricks. Und fügt gleich hinzu: "Und wer weiß, vielleicht bin ich es ja ab Herbst noch einmal."

(RP)
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