Walburga Kraayvanger gestorben Ein besonderer Abschied

Hamminkeln · Mit Walburga Kraayvanger ist die gute Seele von Mehrhoog gestorben. Kurz vor ihrem Tod veröffentlichte die Familie einen letzten Wunsch bei Facebook: Mutter wollte vor dem Tod den Kerkeling-Kinofilm sehen. Die Reaktionen waren überwältigend und zeigen: Ein besonderer Mensch ist gegangen.

 So bleibt Walburga Kraayvanger in Erinnerung: als gute und gut gelaunte Seele von Mehrhoog.

So bleibt Walburga Kraayvanger in Erinnerung: als gute und gut gelaunte Seele von Mehrhoog.

Foto: MH

Es ist eine besondere Geschichte zum Abschied; und sie passt zu ihr, weil diese Frau ein besonderer Mensch war, weil sie sich für andere einsetzte. Vor wenigen Tagen, sie war von ihrer schweren Krankheit schon sehr gezeichnet, teilte sie ihrer Familie mit, dass ein großer Wunsch wäre, den Film „Der Junge muss an die frische Luft“ von Hape Kerkeling noch einmal zu sehen. Für einen Kinobesuch war Walburga Kraayvanger da schon zu schwach. Also veröffentliche die Familie einen Aufruf im sozialen Netzwerk Facebook und fragte, wer dabei helfen können, den Film am Krankenbett vorzuführen. Tausendfach wurde der Aufruf geteilt, viele kontaktierten das Management von Hape Kerkeling. Auch namhafte Regisseure und Schauspieler aus Deutschland meldeten sich und boten Hilfe an. Eigentlich kommt der Film erst im August offiziell in den Handel. Vom Filmverleiher kam dann in der vergangenen Woche tatsächlich das Signal, dass ein Mitarbeiter eine Kopie des Films zur Familie nach Mehrhoog bringe. Walburga Kraayvanger aber konnte dieser letzte Wunsch nicht erfüllt werden. Sie starb im Alter von 64 Jahren am Altweibertag.

„Mehrhoog verliert die gute Seele des Dorfes“, sagte ein betrübter Michael Möllenbeck. Mit Walburga Kraayvanger zusammen war er im Verein „Mehrhoog hilft“ engagiert und ist für das Engagement seiner Mitstreiterin außerordentlich dankbar. „Walburga hat sich in außergewöhnlichem Maße um die Flüchtlingshilfe in Mehrhoog verdient gemacht.“ Dass der ganze Ort trauert, das sah man auch am GuGe-Laden in Mehrhoog, wo Walburga Kraayvanger wirkte. Dort standen am Tag nach ihrem Tod Kerzen und Blumen. „So etwas hat es hier noch nie gegeben“, sagt Michael Möllenbeck. Bewegend sei auch die Form des Abschieds durch die Flüchtlinge gewesen. Zuerst hätten viele den Wunsch gehabt, Walburga Kraayvanger noch einmal persönlich zu begegnen. Als dies wegen der Krankheit nicht mehr möglich war, sei auf Initiative der Flüchtlinge ein Film in der Begegnungsstätte aufgenommen worden, in dem sich alle Flüchtlinge persönlich von ihr verabschiedeten.

Diesen Film hat Michael Möllenbeck dann mit zu Walburga Kraayvanger genommen und ihn ihr gezeigt. Ein bewegender Moment sei dies gewesen, berichtet Möllenbeck. Dies habe ihm noch einmal gezeigt, wie wichtig diese Frau für das Dorf war. Vielfältig war sie im Ort engagiert – etwa im Frauenkarneval. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle wurde im Oktober 2015 auf Initiative von Walburga Kraayvanger hin eine Kleiderkammer im Ort eingerichtet. „Mit riesigem Engagement und unermüdlichem persönlichen Einsatz hat sie dieses Projekt auf den Weg gebracht und begleitet“, heißt es in der Würdigung von „Mehrhoog hilft“.

 Eine Welle der Hilfsbereitschaft erreichte die Familie, als sie vom letzten Wunsch der Mutter berichtete: den Film „Der Junge muss an die frische Luft“ (Foto) noch einmal am Krankenbett sehen.

Eine Welle der Hilfsbereitschaft erreichte die Familie, als sie vom letzten Wunsch der Mutter berichtete: den Film „Der Junge muss an die frische Luft“ (Foto) noch einmal am Krankenbett sehen.

Foto: dpa/-

Durch ihre liebenswerte, verbindende Art sei es ihr gelungen, viele Mitstreiter für die Arbeit in der Kleiderkammer zu gewinnen und diese zum GuGeLaden zu entwickeln. Sie habe sich kompromisslos dafür eingesetzt, dass die Einnahmen aus dem Laden für die Unterstützung sozialer Projekte in Mehrhoog verwendet werden. Trotz ihrer schweren Erkrankung habe sie bis zuletzt großen Anteil an der Weiterentwicklung von Unterstützungsangeboten für die Menschen gehabt. „Sie bleibt für uns ein Vorbild für Beharrlichkeit, Kampfgeist und Menschenliebe. Sie wird sehr vielen Menschen in Mehrhoog, insbesondere den geflüchteten Menschen, in dankbarer Erinnerung bleiben“, heißt es.

Kraayvanger hinterlässt Ehemann und Kinder. Am Dienstag wird sie beerdigt. Am Samstag wird sich ihr Team des Ladens zusammensetzen und beim Kaffeetrinken ihrer gedenken. Der Teamtreff war schon vor dem Tod terminiert. Eigentlich wollten die Mitglieder den wieder absagen. Letztlich entschied man sich doch für ein Treffen. „Sie war so ein bescheidener Mensch, sie hätte nicht gewollt, wenn dieses Treffen ausgefallen wäre.“

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