Kreis Wesel Lippeverband feiert eine Muschel

Kreis Wesel · Mini-Kläranlage mit Reiselust: Die Körbchenmuschel ist zum „Bewohner des Monats“ gekürt worden. Sie kam aus Asien über Amerika nach Europa, ist seit den 90er-Jahren in der Lippe.

 Körbchenmuscheln sind Indikatoren für eine gute Wasserqualität.

Körbchenmuscheln sind Indikatoren für eine gute Wasserqualität.

Foto: Emscherverband

„Zum Muschelnsuchen muss man nicht ans Meer fahren. Auch die Lippe ist voll von den kleinen Tieren mit harter Schale und weichem Kern“, sagt der Lippeverband und hat die Körbchenmuschel zum „Bewohner des Monats Februar“ erklärt. Hintergrund ist das Programm „Lebendige Lippe“, mit dem sich der längste Fluss in NRW natürlicher entwickeln soll. Um Veränderungen zu erfassen, werden Proben entlang der Lippe und ihrer Nebenläufe (insgesamt 431 Kilometer Wasserläufe im Verbandsgebiet) genommen und untersucht. Ausgewählte Lebewesen, die etwas über die Wasserqualität verraten, stellt der Lippeverband in den nächsten Monaten in seiner Serie „Bewohner des Monats“ vor.

Besagtes Schalentier ist auch in Schermbeck in der Lippe zu finden. Wie der Verband mitteilte, ist es ein sogenanntes Neozoon, eine neueingebürgerte Art, und hat eine weite Reise hinter sich. „Innerhalb weniger Jahre hat die geriffelte Muschel weite Teile der Lippe erobert. Man erkennt die bis zu 450 Millimeter großen Tiere an ihrer Rillenstruktur und der oliv-gelb-grünen Färbung“, erklären die Experten und sprechen von „Mini-Kläranlagen“, die das Wasser filtern und seine Qualität verbessern.

Die ursprünglich in Asien heimische Körbchenmuschel kam Mitte der 80er-Jahre wahrscheinlich mit Schiffen über Nordamerika nach Europa. Auch als Parasiten in Fischkiemen reisen sie im Larven-Stadium mit. Anders als viele hiesige Arten liebt die Muschel laut Lippeverbands warmes Wasser. Dafür sorgen Kraftwerke, wenn sie zur Kühlung genutztes Wasser in die Lippe zurückleiten. Schlammige Abschnitte sind dem Tierchen auch genehm. Gegen Fressfeinde schützt die harte Schale. Es sei denn, der Mensch greift zu. jedenfalls ist sie in der asiatischen Küche – ähnlich wie in Europa die Miesmuschel – als Speisemuschel ziemlich beliebt.

Aber sie vermehrt sich auch gern. „Sie ist äußerst reproduktionsfreudig und kann sich als Zwitter selbst befruchten. Insgesamt kann ein Elterntier so jährlich bis zu 8000 Larven ins Wasser entlassen. Dabei schützt die Muschel ihre Kinder in ihren Atmungskiemen wie in einem Kängurubeutel, bis sie groß genug sind. Dann kann eine Körbchenmuschel bis zu zehn Jahre alt werden“, sagt der Lippeverband und stellt humorig fest, dass sie „keinen Wert auf eine Bikinifigur legt, sich aber bewegen kann. Mit einem großen Fuß krieche sie vorwärts, könne sich zum Schutz vor Frost eingraben. Als Filtrierer ernähre sie sich von Kleinstlebewesen, Plankton und organischem Material. Da das Angebot davon im Sommer am größten sei, lege sie in dieser Zeit auch am meisten zu: „Die Rippung der Schale verrät das deutlich, vergleichbar mit den Jahresringen eines Baums.“

In der Lippe finden Biologen am häufigsten die Grobgerippte Körbchenmuschel. Erstmals aufgetaucht ist sie 1996 im Bereich Hamm und Werne-Rünthe. Hier ist die Lippe mit dem Datteln-Hamm-Kanal verbunden. An einer Wasserübergabe kann Lippe-Wasser in den Datteln-Hamm-Kanal geleitet werden, um die Schifffahrt zu sichern. Umgekehrt erhält die Lippe in Trockenzeiten Wasser aus dem Kanal. Eine gute Reisemöglichkeit für die Muschel, die in den folgenden Jahren recht zügig den gesamten weiteren Verlauf der Lippe besiedelt hat. Auf welchem Weg die Körbchenmuschel 1999 in Wesel angekommen ist – über den Rhein oder aus Richtung Hamm – ist unklar.

„Fließgewässer sind die Lebensadern unserer Landschaft“, sagt der Verband. Sie böten Menschen nicht nur Erholung, sondern seien als Ökosysteme unverzichtbar und schützenswert. Wirbellose Tiere wie Muscheln gelten als Indikatoren für die Wasserqualität.

(RP)
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